30. November 2008

UNCTAD-Generalsekretär beklagt Doppelstandards in der Finanzkrise

In ungewöhnlicher Offenheit hat der Generalsekretär der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD), Supachai Panitchpakdi (s. Photo), in Doha die Doppelstandards der Industrieländer und des IWF in der gegenwärtigen Finanzkrise beklagt. Auf einem Panel über die Globale Finanzkrise, die globalen Ungleichgewichte und Policy Space erzählte Supachai erstmals, mit welchen Forderungen er sich in den Jahren 2007/8 konfrontiert sah, als er zum Stellvertretenden Finanzminister Thailands wurde: „ Sie sagten nur: Kürzt, kürzt, kürzt Eure Ausgaben, hebt Eure Zinssätze und bestraft Eure Banken! Lasst keinen moral hazard zu! Wie oft haben Sie diese Worte in den letzten Monaten gehört, als die Banken im Norden gerettet wurden?“

Thailand habe das Rettungspaket des IWF damals nur teilweise in Anspruch genommen. Das zeige, dass Policy Space-Begrenzungen menschengemacht sind und auch von Menschen wieder beseitigt werden können. So habe auch Thailand viel zu früh den Kapitalverkehr freigegeben und sich damit schutzlos dem Zustrom spekulativen Privatkapitals ausgeliefert, später das IWF-Geld aber vorfristig, schon nach zwei Jahren, zurückgezahlt (Nach den Bestimmungen der IWF-Satzung sind Kapitalverkehrskontrollen eindeutig erlaubt; aber die ganze Beratertätigkeit des Fonds ging genau in die entgegengesetzte Richtung.)

Heute macht der Fonds wieder eine Kehrtwende, aber nur scheinbar. Den Industrieländern rät er zu Stimuluspaketen, zur Rettung ihrer Banken und zur besseren Regulierung ihres Finanzsektors. Die anwesende Vertreterin des IWFs, die Chefin seiner Afrika-Abteilung, Antoinette Sayeh, hatte dafür eine eigentümliche Erklärung parat: Nur solche Länder, die es sich leisten könnten, dürften antizyklisch auf die Krise reagieren, aber die meisten Länder seien eben Defizitländer und könnten dies nicht. Hier gehe es darum den Haushalt angesichts der durch die Realität diktierten Anpassung zu schützen. – Spitzfindiger hat mir selten jemand die in das internationale System eingebauten Machtasymmetrien erklärt. Die Frage von Heiner Flassbeck (UNCTAD), ob dies vielleicht damit zusammenhänge, dass es seit Anfang der 1970er Jahre kein Währungssystem mehr gebe, das auch den Defizitländern Regulierungsspielräume einräume, blieb leider unbeantwortet.

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