Doha: Bleibt die Zivilgesellschaft ungehört?
Von Klaus Schilder
Es soll ein starkes Signal für die UN-Konferenz über Entwicklungsfinanzierung sein: Mehr als 400 Vertreter von Nichtregierungsorganisationen haben ihre Forderungen an die politischen Führer auf dem Forum der Zivilgesellschaft in eine gemeinsame Erklärung gefasst. Die Kernbotschaft lautet: Angesichts der globalen Finanz-, Ernährungs- und Ressourcenkrise und der dramatischen Auswirkungen des Klimawandels kann es kein „Weiter so wie bisher“ geben! Das internationale Finanzkasino braucht keine strengeren Regeln, es muss geschlossen werden!
Von Doha muss daher ein politischer Impuls für einen globalen Konsens ausgehen, der Armutsbekämpfung, soziale Gerechtigkeit, die Achtung der Menschenrechte, Geschlechtergerechtigkeit, menschenwürdige Arbeit und ökologische Nachhaltigkeit zu den Kernprinzipien gemeinsamen Handelns macht. Die Lösung globaler Probleme darf nicht einem Club reicher Staaten, die handverlesene Schwellenländer an ihren Tisch geladen haben, überlassen werden. Eine neue globale Finanz- und Wirtschaftsstruktur, die die Interessen der Armen und Marginalisieren der Welt respektiert, muss unter kollektiver Mitwirkung aller UN-Mitgliedsstaaten - der G192 - entworfen werden, wenn sie demokratisch legitimiert sein soll. Dafür lohnt es zu kämpfen!
Die Botschaften sind klar, nur werden sie auch politisches Gehör finden? Die Doha-Konferenz läuft Gefahr, selbst hinter die Ergebnisse der ersten Finanzierungskonferenz in Monterrey zurückzufallen, wenn nicht gar zu scheitern. Und die G77 scheinen zu tief gespalten, um das Ruder zu wenden: Während sich Brasilia, Peking und Pretoria am „Tisch der Reichen“ Stimme und Mitsprache erhoffen, öffnen sich im Rest der Gruppe längst überwunden geglaubte ideologische Grabenkämpfe. Der Doha-Konferenz kommt damit immense Bedeutung für das multilaterale System selbst zu: Ein gesichtswahrender Mini-Konsens wäre angesichts des globalen Handlungsbedarfs inakzeptabel und käme einem Scheitern der Vereinten Nationen bei globalen Problemlösungen gleich. Politisch schwerwiegender: Er würde globalen Entscheidungen in demokratisch nicht legitimierten, exklusiveren Gremien wie der G20 den Weg bereiten. Ein globaler Konsens kann aber nur von einer zweiten UN-Währungs- und Finanzkonferenz, die auch von institutionellen Rahmen ein echtes „Bretton Woods II“ wäre, ausgehen. Doha könnte der erste Schritt dazu sein.
Dr. Klaus Schilder ist Referent für Entwicklungspolitik bei terre des hommes, Osnabrück, und z.Zt. in Doha.
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