27. Februar 2016

Schwieriger Start: Weltwirtschaft und chinesischer G20-Vorsitz

Es war sicherlich der schwierigste Jahresbeginn für die Weltwirtschaft seit langem, und auch die chinesische G20-Präsidentschaft hatte zwar viele Argumente für ihr Ziel, die politische Koordinierung zwischen den 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländern der Welt zu stärken, doch gerade für sie erweist sich die Umsetzung ihres ehrgeizigen Programms (>>> G20 unter chinesischer Präsidentschaft) als mit Hindernissen gepflastert. Gerade „rechtzeitig“ vor dem wichtigen G20-Treffen der Finanzminister und Zentralbankchefs am 26./26. Februar in Schanghai purzelten in China erneut die Aktienkurse.


Überhaupt ergibt sich im Umfeld dieses ersten wichtigen Ministertreffens unter chinesischer Präsidentschaft ein befremdliches Bild:
* Da warnt der Internationale Währungsfonds (IWF) in einer Briefing Note vor den erhöhten Risiken, die zu einer Entgleisung der internationalen Konjunktur führen könnte, kündigt für den Frühjahrsoutlook eine weitere Prognosekorrektur nach unten an und fordert „kühnes Handeln“ („bold action“) von den G20: „Die G20 muss jetzt eine koordinierte Unterstützung der Nachfrage vorbereiten und den verfügbaren fiskalischen Spielraum nutzen, um den öffentlichen Investitionen einen Schub zu geben und die Strukturreformen zu ergänzen.“
* Die OECD korrigiert schon jetzt das Wachstum der Weltwirtschaft nach unten auf 3% und meint, die weltwirtschaftliche Expansion werde 2016 nicht stärker als 2015 ausfallen. Praktisch habe sich das Wachstum abgeflacht, obwohl doch die niedrigen Ölpreise und Zinssätze durchaus Anreize zu Investitionen und Konsum böten. Dringend gebraucht werde „ein starker kollektiver politischer Ansatz“, der sich auf die stärkere Nutzung fiskalischer Anreize und wachstumsfreundlicher Strukturpolitiken konzentriere, um das Wachstum zu stärken und finanzielle Risiken zu reduzieren.
* Doch ausgerechnet der Finanzminister des Landes mit den vielleicht größten fiskalischen Spielräumen, Deutschlands Wolfgang Schäuble, erweist sich in Schanghai erneut als der größte Bremser und Blockierer eines fiskalischen Anreizpakets für die Weltwirtschaft. Das „schuldenfinanzierte Wachstumsmodell hat seine Grenzen erreicht“, sagt ausrechnet der Mann, der keine Gelegenheit auslässt, um auf die „schwarze Null“ Deutschlands hinzuweisen. Ein koordinierter internationaler Nachfrageschub rückt damit in weite Ferne, auch wenn der chinesische Zentralbankgouverneur betont, Peking hätte jedenfalls zusätzlichen Raum für geldpolitische und fiskalische Stimuli.

Dabei wird inzwischen immer deutlicher, dass der Hauptpunkt der dümpelnden Weltkonjunktur die mangelnde globale Nachfrage ist (>>> Warum die Misere der Weltwirtschaft auch 2016 weiter geht). Was jedoch in Schanghai höchstens herauskommen wird, ist ein neuer Konsens, dass Wachstumspolitik nicht länger auf die lockere Geldpolitik der Zentralbanken beschränkt werden darf. Das wäre besser als gar nichts, könnten sich die Finanzminister auf mehr einigen als auf die gebetsmühlenartig wiederholte Forderung nach „Strukturreformen“. Das ist im schlechtesten Fall ein Synonym für neoliberale Deregulierungspolitik und im besten Fall ein Hinweis auf langfristige Maßnahmen, etwa Investitionen in das Bildungssystem, die aber als kurzfristige Konjunkturanreize kaum geeignet sind. Das beim vorletzten G20-Gipfel in Brisbane großspurig verkündete Ziel, bis 2018 der Weltwirtschaft ein zusätzliches Wachstum von 2% hinzuzufügen, haben die G20 schon zwei Jahre zuvor verfehlt. Das jedenfalls schreibt der IWF den G20 ins Stammbuch. Realistisch seien mit den jetzigen Maßnahmen allenfalls 0,8%, heißt es in der erwähnten Briefing Note.

24. Februar 2016

0,7-Prozent-Ziel nach wie vor aktuell

Nach Ansicht des Dachverbands entwicklungspolitischer NGOs (VENRO) ist es dringlicher denn je, dass Deutschland endlich 0,7% seines Bruttonationaleinkommens für öffentliche Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung stellt (ODA: Official Development Assistance). Eine neue Studie von VENRO, Die Entwicklung der ODA-Quote bis 2020: Wie aus Anspruch Realität werden kann, zeigt, wie das bis 2020 gelingen kann.


Über eine Milliarde Menschen leben in extremer Armut. Mehr als 60 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Mehr entwicklungspolitisches Engagement sei auf allen Ebenen notwendig und müsse weiter ausgebaut werden, sagt Bernd Bornhorst vom VENRO-Vorstand: „Die Bundesregierung beteuert seit Jahren, dass das 0,7%-Ziel erreicht werden soll. Wir brauchen aber mehr als die permanente Wiederholung wohlmeinender Versprechen. Wir brauchen eine robuste Finanzierungsgrundlage für eine globale nachhaltige Entwicklung.“ Die Steigerung der entwicklungspolitischen Mittel im letzten Jahr sei ein positives Signal gewesen. Die zugesagten 8,3 Milliarden Euro bis 2019 reichten allerdings noch nicht aus.  

Nach der VENRO-Studie müssten die Ausgaben jährlich um 1,5 Mrd. € zusätzlich gesteigert werden. Das bedeutet konkret, dass zu den bereits zugesagten Mitteln weitere 15,2 Mrd. € benötigt werden. Das 0,7%-Ziel könnte dann bis 2020 erreicht werden. Zur aktuellen Diskussion um die Anrechnung von Kosten zur Flüchtlingsversorgung auf die ODA-Mittel meint VENRO: „Flüchtlinge und arme Menschen brauchen unsere Unterstützung. Die Ausgaben für Flüchtlinge in Deutschland sind wichtig und müssen deutlich gesteigert werden. Sie helfen den Entwicklungsländern aber nicht dabei, die soziale und wirtschaftliche Entwicklung in ihren Ländern voranzutreiben.“ VENRO fordert deshalb, die Kosten für die Flüchtlingsversorgung in Deutschland nicht auf die öffentlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit anzurechnen.

23. Februar 2016

Wie den Kapitalabfluss aus den Emerging Markets stoppen?

Gastblog von Joseph E. Stiglitz und Hamid Rashid

Die Entwicklungs- und Schwellenländer stehen in diesem Jahr vor einer erheblichen wirtschaftlichen Verlangsamung. Laut des UN-Berichts über die Lage und Aussichten der Weltwirtschaft 2016 sind sie 2015 durchschnittlich nur um 3,8% gewachsen – die niedrigste Quote seit der globalen Finanzkrise im Jahr 2009. Nur im Rezessionsjahr 2001 war sie noch niedriger. Und erwähnenswert ist dabei auch, dass der Rückgang in China und die schweren Rezessionen in Russland und Brasilien nur einen Teil des allgemeinen Wachstumsrückgangs darstellen.

Viele Entwicklungs- und Schwellenländer in Lateinamerika und Afrika wurden hart vom Rückgang der Rohstoffpreise getroffen, und natürlich hatte die sinkende Rohstoffnachfrage in China (einem Land, das fast die Hälfte der weltweiten Nichtedelmetallproduktion verbraucht) viel mit diesem starken Preisverfall zu tun. In der Tat werden im UN-Bericht 29 Volkswirtschaften aufgelistet, die von der Flaute in China wahrscheinlich negativ betroffen sind. Und der Zusammenbruch der Ölpreise seit Juli 2014 um über 60% hat die Wachstumsaussichten der Ölexporteure unterminiert.

Echte Sorgen bereiten allerdings nicht nur die fallenden Rohstoffpreise, sondern vor allem die massiven Kapitalabflüsse. Die Kapitalflüsse kehren sich momentan um und werden erstmals seit 2006 wieder negativ. 2015 betrug der Nettoabfluss aus den Entwicklungs- und Schwellenländern mehr als 600 Milliarden Dollar – über ein Viertel der Gesamtzuflüsse der sechs Jahre zuvor. Für die größten Abflüsse sorgten die internationalen Banken. 2015 verringerten sie ihr Gesamtkreditvolumen um über 800 Milliarden Dollar. Kapitalabflüsse dieser Größenordnung haben eine Unzahl möglicher Folgen: Sie führen zur Austrocknung der Liquidität, einer Kostensteigerung im Kredit- und Schuldendienst, schwächeren Währungen, sinkenden Reserven und fallenden Kursen bei Aktien und anderen Anlagegütern. Auch auf die Realwirtschaft werden sie große Auswirkungen haben und die Wachstumsaussichten in den betroffenen Regionen schwer beschädigen...

... den vollständigen Beitrag lesen Sie >>> hier.

10. Februar 2016

Lagarde zur Ukraine

KURZ UND BÜNDIG: 

“I am concerned about Ukraine’s slow progress in improving governance and fighting corruption, and reducing the influence of vested interests in policymaking. Without a substantial new effort to invigorate governance reforms and fight corruption, it is hard to see how the IMF-supported program can continue and be successful. Ukraine risks a return to the pattern of failed economic policies that has plagued its recent history. It is vital that Ukraine's leadership acts now to put the country back on a promising path of reform.”

Siehe auch >>> Ukraine: Schuldenschnitt mit geopolitischem Anstrich