26. Juli 2018

Die BRICS in einer multipolaren Welt

Gastblog von Elizabeth Sidiropoulos*)


In dieser Woche ist Südafrika Gastgeber des 10. Jahrestreffens der BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika). Als 2009 der 1. BRIC-Gipfel abgehalten wurde (Südafrika kam 2010 dazu), befand sich die Welt in einer schmerzvollen, in den Industrieländern gemachten Finanzkrise, und der zunehmend dynamische BRIC-Block repräsentierte die Zukunft. Durch ihren Zusammenschluss hatten diese Länder das Potential, ein geopolitisches Gegengewicht zum Westen zu bilden.

Doch die westlichen Kommentatoren haben dieses Potential lange unterschätzt, was die BRICS zwang, eine stärkere Repräsentation in den Global-Governance-Institutionen zu fordern. 2011 und 2012 forderten die BRICS den Auswahlprozess der Führer des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank heraus. Doch mangels einer gemeinsamen Front hinter sich, stehen weiterhin ein Europäer (Christine Lagarde) und ein US-Amerikaner (Jim Yong Kim) an der Spitze dieser Organisationen. Und obwohl die BRICS diese Institutionen dazu brachten, ihre Abstimmungsstrukturen zu reformieren, damit die Entwicklungsländer größeres Gewicht bekamen, haben die USA und Europa immer noch unverhältnismäßig viel Macht.

Vor diesem Hintergrund ergriffen die BRICS die Initiative „externer Optionen“ und errichteten 2014 die New Development Bank (NDB) und das Contingent Reserve Arrangement. Die Initiativen wurden als Ergänzung des vorherrschenden Bretton-Woods-Systems präsentiert; es ist aber leicht vorstellbar, dass sie eines Tages die Grundlage für eine alternatives Global-Governance-Werk bilden…

… den vollständigen Kommentar lesen Sie >>> hier.

*) Elizabeth Sidiropoulos ist Chief Executive des South African Institute of International Affairs. 

24. Juli 2018

G20: Handelskrieg statt Finanzmarktreformen?

Eigentlich wäre es die Aufgabe des Finanzministertreffens der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) am vergangenen Wochenende in Buenos Aires gewesen, Maßnahmen zur Vervollkommnung der unvollendeten Finanzmarktreformen auszuarbeiten. Doch der Handelskrieg der USA gegen den Rest der Welt überschattet inzwischen alles und drängt selbst die Kernaufgabe der G20 weiter in den Hintergrund. Für die Umsetzung des Gründungsmandats der G20, den globalen Finanzsektor krisensicher(er) zu machen, kommt den Finanzministern und Notenbankchefs sicherlich eine Schlüsselrolle zu, auch zehn Jahre nach dem Ausbruch der Großen Finanzkrise.


Doch inzwischen hat sich die Welt geändert. Die US-amerikanische Trump-Administration ist kräftig dabei, die im Zuge der G20-Kooperation und besonders unter Obama erreichten Reformfortschritte im Finanzsektor rückabzuwickeln. Wenn sich die Drohung mit dem Handelskrieg indirekt auch als Mittel erweist, weitere Finanzmarktreformen zu stoppen, kommt dies den Trum-Leuten sicher zupass. Die Drohung wird zumal von den Europäern als so massiv empfunden, dass das am Wochenende von US-Finanzminister Mnuchin verkündete „Angebot“ eines Freihandelsabkommens zwischen Europa und den USA als „Überraschung“ empfunden wird. Aber dieses „Angebot“ hat große Pferdefüße: „Wenn Europa an den Freihandel glaubt, wären wir bereit, ein Freihandelsabkommen zu unterschreiben“, so Mnuchin in der argentinischen Hauptstadt. Er insistierte, dass jeder Deal Handeln bei Zöllen, nicht-tarifären Barrieren und Subventionen beinhalten müsse. „Es müssen alle drei Fragen sein“, sagte er.

Das ist ziemlich eindeutig. „Nicht-tarifäre Barrieren“ sind für die US-Regierung beispielsweise Umweltauflagen oder gesundheitliche Vorschriften, die bislang den Import US-amerikanischer Chlor-Hühnchen oder genmanipulierter Nahrungsmittel untersagen. Die Subventionsfrage berührt das gesamte System der europäischen Ernährungssicherheit (auch wenn die Praxis der Agrarsubventionen in vielerlei Hinsicht problematisch ist). Es geht der Trump-Administration also gar nicht nur um die Absenkung von Zöllen (die ohnehin bereits recht niedrig sind) oder den Abbau ihres Handelsbilanzdefizits, sondern darum, legitime europäische Schutzmechanismen zu schleifen, um freie Bahn für amerikanische Exportinteressen zu bekommen.

Die restlichen G20 sind freilich nicht ganz unschuldig daran, wenn jetzt auch die handelspolitischen Absprachen (wie Enthaltung bei der Errichtung von Zollmauern und Währungsabwertungen) in Frage gestellt und die letzten Reformambitionen in Bezug auf die Finanzmärkte zurück geschraubt werden. Schon recht früh sind sie der Uminterpretation der Finanzkrise als Ausdruck eines außer Kontrolle geratenen Finanzsektors zu einer Krise als Ergebnis einer außer Kontrolle geratenen Fiskalpolitik durch konservative Politiker auf den Leim gegangen. Politisch spiegelte sich dies in den G20-Erklärungen im Übergang von einem entschlossenen Konjunkturstimulus zu einer restriktiven Fiskalpolitik wieder, einschließlich der berüchtigten Austeritätspolitik. Jetzt könnten auch die Reste eines regelgestützten multilateralen Handelssystem schierer Machtpolitik zum Opfer fallen.

3. Juli 2018

BDI-Rohstoffkongress: Notwendige Neuausrichtung der deutschen Rohstoffstrategie

Im Vorfeld des 6. BDI-Rohstoffkongresses forderten 17 der im Arbeitskreis Rohstoffe zusammengeschlossenen entwicklungs- und umweltpolitischen Organisationen eine absolute Reduktion des deutschen Rohstoffverbrauchs. Die Begrenzung des Rohstoffverbrauchs auf ein nachhaltiges Maß müsse auch oberste Priorität in einer möglichen Neuauflage der Rohstoffstrategie der Bundesregierung haben. Um eine absolute Senkung des Ressourcenverbrauchs zu erreichen, bedürfe es einer grundlegenden Änderung unserer Konsum- und Produktionsmuster. Statt einer Ausweitung des Bergbaus auf die Tiefsee oder den Weltraum, müsste dies das beherrschende Thema des BDI-Rohstoffkongresses sein.

Verschiedene Berechnungen zeigen, dass der Ressourcenverbrauch in Deutschland um mehr als zwei Drittel zurückgehen müsste, um ein global gerechtes Maß zu erreichen. Doch oberstes Ziel der Rohstoffstrategie der Bundesregierung aus dem Jahr 2010 ist es, den Zugang zu Rohstoffen für die deutsche Industrie sicherzustellen. „Diese Politik wird seit einigen Jahren verstärkt mit dem Rohstoffbedarf für Zukunftstechnologien begründet“, kritisiert Laura Weis, Koordinatorin des AK Rohstoffe. Sie fordert: „Bei einer möglichen Neuauflage der Rohstoffstrategie darf dem bisherigen rohstoffpolitischen Kurs der deutschen Bundesregierung nicht einfach ein grünes Deckmäntelchen umgehängt werden.“

Die in Deutschland verwendeten Rohstoffe werden in vielen Fällen unter verheerenden sozialen, menschenrechtlichen und ökologischen Bedingungen in Ländern des Globalen Südens abgebaut. In Deutschland ansässige Unternehmen sollten per Gesetz dazu verpflichtet werden, Verantwortung für ihre Rohstofflieferketten zu übernehmen. Ein solches Gesetz hat die Bundesregierung im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellt, wenn die Unternehmen ihren Sorgfaltspflichten nicht freiwillig nachkommen. Die deutsche Industrie ist zu fast 100% abhängig vom Import metallischer Rohstoffe.

Weitere Information:
* Zum Arbeitskreis Rohstoffe: http://alternative-rohstoffwoche.de/ak-rohstoffe/