28. November 2008

Doha: Lassen die Reichen die Armen links liegen?

Für die ärmsten Nationen der Welt ist es eine der wichtigsten Konferenzen in den letzten sechs Jahren. Doch die politischen Führungen der Industrieländer haben offensichtlich beschlossen, das UN-Treffen für Entwicklungsfinanzierung in Doha links liegen zu lassen. Jedenfalls wird sich hier zeigen, ob sie die entwicklungspolitischen Versprechen der letzten Jahre ernst gemeint waren oder ob die westlichen Regierungen beabsichtigen, die aktuelle Finanzkrise zum Anlass und zur Entschuldigung zu nehmen, um der Entwicklungswelt den Rücken zuzuwenden.

Die deutsche Presse gab heute, Freitag, schon einen Vorgeschmack darauf, wie wichtig ihr das Thema ist: Keine der großen Tageszeitungen brachte bislang eine Vorschau auf die Konferenz, weder Süddeutsche noch FAZ, weder FR noch taz. Letztere bringt allerdings morgen einen Vorabbericht, der sich auch auf unserem Vorschau-Artikel (>>> Was steht auf dem Spiel?) stützt und am Schluss seinen Autur zitiert:

„Ein bloßes Wachstum der Kapitalflüsse führe aber ohnehin nicht notwendigerweise zu einem Wachstum für die Armen, erklärt Rainer Falk, Herausgeber des Informationsbriefs Weltwirtschaft & Entwicklung. Wichtiger noch als höhere Entwicklungshilfe wäre ein umfassenderer Wandel des globalen Wirtschafts- und Finanzsystems. "Gerade das ist die vielleicht wichtigste Chance der Doha-Konferenz", meint Falk.“

Die Fakten, warum das notwendig ist, liegen klar auf der Hand. Oxfam International hat sie heute nochmal in einem Pressebriefing zusammengestellt:

Die Bedeutung der Finanzkrise:
* Die Weltbank schätzt, dass durch die aktuelle Krise 40 Mio. Menschen zusätzlich in die Armut gestoßen werden.
* In der Rezession Anfang der 1990er Jahre fiel die internationale Entwicklungshilfe und brauchte bis 2003, um das Niveau des Jahres 1992 wieder zu erreichen (gemessen am BNE).

Entwicklungspolitische Versprechen:
* Das 0,7%-Ziel zu erreichen, würde die OECD-Länder 140 Mrd. Dollar zusätzlich pro Jahr kosten – ein Bruchteil der rund 3 Billionen, die in kürzester Zeit für die Bankenrettung mobilisiert wurden.

Kapitalflucht:
* Für jeden Dollar Entwicklungshilfe, die er bekommt, verliert der afrikanische Kontinent sieben Dollar durch die Kapitalflucht.
* Steuervermeidung bedeutet, dass den Entwicklungsländern jedes Jahr 160 Mrd. Dollar an Einkommen verloren geht.
* Der größte Batzen an verlorenem Geld der Entwicklungsländer entfällt nicht auf Korruption (5%) oder Verbrechen (35%), sondern auf Steuervermeidung und Steuerflucht durch Transnationale Konzerne, schätzungsweise 350-500 Mrd. Dollar pro Jahr.

Innovative Finanzierungsmechanismen:
* Eine kleine Steuer von bis zu 1% auf grenzüberschreitende Währungstransaktionen könnte dreimal so viel erbringen als die heutige Entwicklungshilfe.

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