17. November 2008

Nach dem Weltfinanzgipfel: Kontroverse Bewertungen und Ausblick

Wie meistens in solchen Fällen, reichen die Bewertungen des Weltfinanzgipfels, der am letzten Samstag in Washington stattfand, von „reiner Kosmetik“ (>>> attac) bis zu vorsichtigem Optimismus (>>> DIE). Eine oft geäußerte Kritik besteht darin, dass die ärmsten Länder der Welt (u.U. die größten Opfer der globalen Finanzkrise) auf dem Gipfel der G20 gar nicht vertreten waren. Das stimmt, verstellt aber den Blick für die seismischen Veränderungen in der internationalen wirtschaftlichen Konstellation, für die der Gipfel steht. Früher wurden derartige Fragen allein im exklusiven Kreis der G7/8 ausgehandelt und hernach den bestehenden Finanzinstitutionen übergestülpt. Jetzt besteht wenigstens die Chance für die Eröffnung eines Veränderungsprozesses. So begrüßte Oxfam International – neben viel Kritik – das in der Gipfeldeklaration enthaltene Bekenntnis zu Reform der Bretton-Woods-Institutionen.

Ebenso oft geäußert wird die Kritik, dies sei nicht „unser Gipfel“, sondern der „der Regierungen“. Doch wer – bitte schön – soll über die notwendige Re-Regulierung der globalen Finanzmärkte beschließen, wenn nicht die Regierungen? Wer soll neue internationale Institutionen schaffen oder existierende reformieren, wenn nicht die Mitgliedsländer, die durch ihre Regierungen vertreten werden?

Neben der Bewertung der Gipfelergebnisse (meine Analyse findet sich hier >>> Weltfinanzgipfel im Interregnum) steht jetzt die Frage an, was daraus zu machen ist und welches die nächsten Stationen sind. Neben den G20-Arbeitsgruppen zur Finanzmarktreform, dem neuen Wind für die Doha-Runde (den der Gipfel möglicherweise bringt), und dem nächsten G20-Gipfel (voraussichtlich am 30. April in London) sollte der zweite UN-Gipfel für Entwicklungsfinanzierung nicht vergessen werden, der noch Ende November/Anfang Dezember 2008 in Doha/Katar stattfindet. In einem Klima, das offener denn je für Veränderungen und Reformen ist, könnte dem Treffen in Doha die besondere Rolle eines Impulsgebers zufallen; zumal die dortige Agenda nicht auf entwicklungspolitische Fragen im engeren Sinn beschränkt ist, sondern im Gegenteil dieselben „systemischen Fragen“ der Finanzarchitektur einschließt, die auch im Mittelpunkt des G20-Prozesses stehen.

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