28. Juni 2009

Zum Ergebnis des UN-Finanzgipfels: Ein Fuß in der Tür

Es ist wie so oft bei ähnlichen Konferenzen: Wer viel erwartet hatte, gar den Startschuss für eine neue Wirtschafts- und Finanzordnung, wird das Ergebnis für enttäuschend halten. Wer (zu Recht) auf die Notwendigkeit sofortigen Handelns hinwies, um den Entwicklungsländern in der Krise zu helfen, wird von einer „verpassten Gelegenheit“ sprechen. Und wer nüchtern die Beschlüsse mit dem Sachstand vor der Konferenz vergleicht, wird sogar kleine inkrementelle Fortschritte entdecken. Was die Resultate der UN-Konferenz zur globalen Wirtschafts- und Finanzkrise und ihren Auswirkungen in Entwicklungsländern betrifft, die letzte Woche in New York stattfand, so treffen alle drei Bewertungen irgendwie zu. Wie das Brüsseler Netzwerk zu Schulden und Entwicklung (Eurodad) in einer ausführlichen und differenzierten Analyse des Abschlussdokuments schreibt, belegt der gefundene Kompromisstext „sowohl die Bedeutung der Vereinten Nationen als ein Forum, das alle Regierungen einschließt, als auch die Schwierigkeit, einen starken Konsens zu erreichen“.


Enttäuschend ist es schon, dass kaum etwas von den Vorschlägen der Stiglitz-Kommission in das Abschlussdeklaration eingegangen ist. Auf dem zentralen Feld der Re-Regulierung der Finanzmärkte ist das Dokument mit konkreten Vorschlägen besonders sparsam (und überlässt damit faktisch den G20 das Feld). Eine verpasste Gelegenheit ist es auch, dass von der Notwendigkeit besonderer Stimulus-Pakete für die Dritte Welt zwar die Rede ist, aber keine einzige konkrete Initiative ergriffen wird. Es bleibt vorerst bei den 1,1 Billionen US-Dollar, die die G20 in London angekündigt haben und die selbstredend im Wesentlichen über die Bretton-Woods-Institutionen, vor allem über den IWF, aufgewickelt werden, in denen die Industrieländer das Sagen haben. Und auch in Bezug auf die anstehenden Reformen bei IWF und Weltbank lässt das Resultat des UN-Gipfels neue Impulse vermissen.

Und dennoch wurde auf diesem „Gipfel“, auf dem ja kaum ein Staats- und Regierungschef anwesend war, der Anspruch der Vereinten Nationen, der G192, wie sie jetzt genannt werden, neu begründet und bekräftigt, in Wirtschafts- und Finanzfragen ein gewichtiges Wort mitzureden. Die Ursachenanalyse, die das Abschlussdokument für die Krise gibt, ist weitreichender als alles, was bislang „agreed language“ in der UNO war, geschweige denn in den Kommuniqués der G8 oder auch der G20 stand. Vom großen Versagen der finanziellen Regulierung ist da die Rede, von „exzessivem Vertrauen in die Selbstregulierungsfähigkeit der Märkte“, vom „Mangel an Transparenz, finanzieller Integrität und unverantwortlichem Verhalten“. Von der Legitimität einer vorübergehenden Einstellung des Schuldendienstes in der Krise („debt standstill“) ist die Rede; die Liberalisierung des Kapitalverkehrs um jeden Preis wird ein für allemal zu den Akten gelegt, die Legitimität von Kapitalverkehrskontrollen bekräftigt.

Am wichtigsten ist wohl, dass es gelungen ist, einen Follow-Up-Mechanismus zu installieren und damit den Prozess der weiteren Bearbeitung des Konferenzthemas offenzuhalten. Eine zentrale Bedeutung wird hier der neuen Arbeitsgruppe der UN-Vollversammlung zukommen und der geplanten Expertenkommission, die nach dem Modell des UN-Panels zum Klimawandel die systemischen Risiken, die das herrschende Wirtschafts- und Finanzsystem produziert, beobachten und Vorschläge zu ihrer Eindämmung unterbreiten soll. Das alles ist nicht allzu viel, aber es ist besser als nichts. Die UN haben mit dieser von den Medien weitgehend totgeschwiegenen Konferenz einen Fuß in die Tür zu den Sälen bekommen, in denen über die zukünftigen Gestalt des globalen Wirtschafts- und Finanzsystem verhandelt wird. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

>>> Civil Society Background Document and Key Recommendation

24. Juni 2009

UN-Finanzgipfel: Konsens und Harmonie zum Auftakt

Während die meisten NGOs noch an ihren Presseerklärungen feilten, in denen die Obstruktionspolitik der Industrieländer in der Gipfelvorbereitung beklagt wurde, herrschte am East River in New York zwar nicht gerade Eitel Sonnenschein. Doch überraschend war es schon, dass die Unterhändler pünktlich zum Konferenzbeginn mit einem Text für die Abschlusserklärung aufwarteten, der keine eckigen Klammern mehr enthält und auch ansonsten gruppenübergreifende Konsensbereitschaft atmet. Die „UN-Konferenz zur globalen Wirtschafts- und Finanzkrise und ihren Auswirkungen in den Entwicklungsländern“, wie der etwas umständliche Titel offiziell lautet, beginnt nach den teils erbitterten Auseinandersetzungen im Vorfeld heute also eher hoffnungsfroh.

Der Deklarationsentwurf fordert an mehreren Stellen explizit die Stärkung der Vereinten Nationen in Wirtschafts- und Finanzfragen, erkennt aber auf der anderen Seite auch die Leistungen des letzten G20-Gipfels an und begrüßt die Verpflichtung, zusätzliche 1,1 Billionen US-Dollar zur Wiederbelebung der Weltwirtschaft zu mobilisieren. Die beiden interessantesten Vorschläge in dem Dokument sind die Einsetzung einer „Ad hoc open-ended working group“ der Vollversammlung und die Schaffung eines Experten-Panels für die weitere inhaltliche Bearbeitung des Konferenzthemas. Die Arbeitsgruppe der Vollversammlung soll das Follow-Up des Finanzgipfels sicherstellen und noch vor dem Ende der 64. Vollversammlung, die im kommenden September beginnt, einen Fortschrittsbericht über die Umsetzung der Konferenzbeschlüsse vorlegen. Das Experten-Panel könnte eine Art Fortsetzungsveranstaltung der Stiglitz-Kommission werden, die im Vorfeld des Gipfels innovative Vorschläge zur Reregulierung der Weltfinanzmärkte und Krisenbekämpfung in den Entwicklungsländern gemacht hat.

Wenn es nicht noch weitere Überraschungen gibt (und dafür war der Vorbereitungsprozess bislang allemal gut), darf man beim gegenwärtigen Stand der Dinge also hoffen, dass aus der New Yorker Konferenz keine Eintagsfliege wird, sondern eher eine Station auf dem mühsamen Weg zur Revitalisierung der UN in Wirtschafts- und Finanzfragen. Vor allem den Entwicklungsländern in der Gruppe der 77 war die Sicherstellung eines Konferenz-Follow-Ups wichtig. Über das Experten-Panel könnte gewährleistet werden, dass viele inhaltliche Vorschläge, über die jetzt keine Einigung erzielt werden konnte, im Rahmen der UN weiter bearbeitet werden. Eine gute Idee ist es auch, das Thema „Wirtschafts- und Finanzkrise und ihre Auswirkungen auf den Süden“ ins Zentrum der UN-Vollversammlung im September zu stellen. Bei den TeilnehmerInnen des fast zeitgleich in Pittburgh tagenden G20-Gipfels könnte dann gar nicht erst das Gefühl aufkommen, dass sie dazu als einzige etwas zu sagen haben.

22. Juni 2009

Diese Woche New York: Umkämpfte Gipfelarchitektur

Das große internationale Ereignis in dieser Woche ist sicherlich die hochrangige UN-Konferenz über die „Globale Wirtschafts- und Finanzkrise und ihre Auswirkungen auf die Entwicklungsländer“. Das New Yorker Treffen von Mittwoch bis Freitag ist das erste, auf dem das Thema unter allen 192 UN-Mitgliedsländern und nicht nur in einem Kreis ausgewählter Nationen wie der G8 oder der G20 diskutiert werden soll. Doch das Hauptanliegen der Industrieländer besteht nach wie vor darin, die Bedeutung der UNO in Wirtschaftsfragen möglichst klein zu halten.

Der UN-Gipfel soll nach den im Konsens gefassten Beschlüssen „auf höchster Ebene“ stattfinden, d.h. auf der Ebene von Staats- und Regierungschefs. Doch werden allenfalls gut 30 solcher Chefs in New York erwartet. Sie kommen allesamt aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Was die Industrieländer betrifft, kann man schon froh sein, wenn sie sich von Ministern – aus Deutschland kommt die Entwicklungsministerin Heidi Wieczorek-Zeul – vertreten lassen und nicht bloße „note-takers“ schicken, was im diplomatischen Jargon so viel heißt wie Stenotypisten, die keinerlei Interventions- und Entscheidungsbefugnis haben.

Zu dem gezielten „Downgrading“ der Konferenz gehört, dass der größte Teil des Nordens das Ereignis gerne als Eintagsfliege hätte, um hernach in G8 und G20 wie bisher weitermachen zu können. Entsprechend verbittert ist das Gerangel zwischen den Industrieländern und der G77 (einschließlich Chinas) um das Follow-Up. Letztere wollen, dass eine Arbeitsgruppe eingesetzt wird, die die Umsetzung der Gipfelbeschlüsse kontrolliert und die Brücke zur nächsten UN-Vollversammlung schlägt, die turnusgemäß im nächsten September, kurz vor dem nächsten G20-Gipfel, stattfindet. Dies sind mehr aus reine Verfahrensfragen, denn letztlich geht es darum, ob das hegemoniale Zentrum bei der künftigen Gestaltung des Weltwirtschafts- und Finanzsystems in den Vereinten Nationen oder bei der G20 liegen wird. (Die G8 können wir dafür wohl getrost abschreiben – zumal unter ihrer derzeitigen italienischen Präsidentschaft.)

Nicht minder erbittert gestaltet sich daher auch das inhaltliche Ringen, um ein Abschlussdokument, aus dem die Industrieländer gerade die für die G77 am wichtigsten Fragen am liebsten ganz heraushalten möchten. In der letzten Woche hatte dieses Outcome-Dokument noch 96 Seiten, weil nach dem jüngsten Streit um den Entwurf (>>> W&E-Hintergrund Mai 2009) nahezu alle Staatengruppen zu nahezu allen Unterpunkten eigenständige Formulierungen eingebracht haben, die jetzt in nächtelängen Sitzungen einander angenähert werden müssen.

Von den beiden Hauptpunkten, um die es geht, wie den Entwicklungsländern in der Krise helfen und wie das internationale Finanzsystem reformieren, ist der zweite Punkt der bei weitem umstrittenere. Die Industrieländer sind dagegen, wie es die G77 (ähnlich übrigens wie der Finanzmagnat George Soros; >>> W&E-Hintergrund Mai 2009) fordert, die geplante Neuzuteilung von Sonderziehungsrechten beim IWF vornehmlich der Dritten Welt zugute kommen zu lassen. Die G77 fordern ein teilweises Schuldenmoratorium für die am meisten von der Krise betroffenen armen Länder, doch der Norden lehnt dies fast unisono ab. Die meisten Fragen der Reform des Finanzsystems möchten die Industrieländer am liebsten nur noch in der G20 oder in den von ihnen beherrschten Institutionen wie IWF und Weltbank erörtern. Einige von ihnen tragen zwar den Vorschlag mit, bei den UN einen Globalen Wirtschaftsrat zu errichten. Aber echte Kontrollbefugnisse gegenüber den Bretton-Woods-Institutionen sind bislang nicht vorgesehen – eher ein Arbeitsteilung nach der Art: fürs Eingemachte haben wir IWF, Weltbank und WTO; um die hehren Prinzipien kann sich dann der UN-Rat kümmern.

Es dürfte freilich schwerfallen, aus den Beschlüssen des New Yorker Gipfels alle Elemente zu entfernen, die den Industrieländern missfallen. Und selbst wenn Positionsgegensätze bestehen bleiben, können diese weiter diskutiert werden, wenn es gelingt, einen Follow-Up-Mechanismus einzurichten. Auch die Krise selbst erhöht den Druck: Es geht schließlich um 1.000 Mrd. US-Dollar, die der Süden bis dato aus Exportrückgängen und Kapitalabflüssen im Gefolge der Krise zu beklagen hat. Es steht also viel auf dem Spiel.

Zum Gipfel ist ein weiterer W&E-Hintergrund (Juni 2009; s. Abbildung) erschienen, der sich mit den Auswirkungen der Krise auf den Süden und möglichen Alternativen befasst: >>> hier.

20. Juni 2009

Obamas Finanzmarktreform: Und wer reguliert die Regulierer?

Gastkommentar von Dean Baker

Es gibt viele nützliche Elemente in den Vorschlägen von Präsident Obama für eine Reform der Finanzmarktregulierung. Am bemerkenswertesten ist der Plan zur Schaffung einer Agentur, die sicherstellt, dass alle Finanzprodukte fair und transparent für die VerbraucherInnen sind. Das ist ein großer Schritt nach vorn. Eine solche Agentur hätte viele der schlimmsten Missbräuche auf dem Subprime-Markt verhindern können.

Auch der Vorschlag, die Regulierungsbehörden mit Vollmachten gegenüber außerbanklichen Finanzinstitutionen auszustatten, ist sinnvoll. Solche Befugnisse hätten den Umgang der Regulierungsbehörden mit dem Zusammenbruch von Bear Stearns, Lehman Brothers und AIG leichter gemacht.

Darüber hinaus ist auch die Bestimmung, dass sich Hedgefonds und Private-Equity-Fonds künftig bei der Börsenaufsichtsbehörde SEC registrieren müssen, ein Schritt zu mehr Transparenz, auch wenn nicht klar ist, wie viel von diesen Informationen öffentlich verfügbar sein wird, wenn überhaupt. Die Vorschrift, dass Derivate künftig über Clearingstellen gehandelt werden müssen, wird einige der schlimmsten Missbräuche in diesem Bereich abstellen. Dennoch wäre es besser gewesen, wenn diese börslich gehandelt und nicht-standardisierte Derivate stark entmutigt worden wären. Das wäre ein weiterer Gewinn an Transparenz und würde auch zu niedrigeren Transaktionskosten führen.

Die Prinzipien für eine andere Vergütung von Vorstandmitgliedern sind ebenfalls sinnvoll, doch man wird sehen müssen, wie effektiv das bei den eingefahrenen Praktiken durchgesetzt werden kann.

Es gibt einige Bereiche, in denen die Vorschläge vor offensichtlich notwendigen Schritten zurückschrecken, indem etwa Interessenkonflikte nicht direkt angegangen werden. Ein solcher Interessenkonflikt besteht, wenn ein Unternehmen eine Ratingagentur engagiert und bezahlt, um die eignen Produkte zu bewerten. Dies könnte einfach dadurch vermieden werden, dass eine unabhängige Stelle (z.B. die Börse) die Ratingagentur auswählt. Wenn dies nicht direkt durch das Unternehmen geschieht, hätte die Ratingagentur keinen Anreiz mehr, eine unehrliche Bewertung der betreffenden Produkte vorzunehmen.

Das größte Problem der Finanzmarktreform der Obama-Administration ist aber, dass sie davon ausgeht, die Ursache der ökonomischen Krise sei eine inadäquate Regulationsstruktur und nicht das Scheitern der Regulierer. Die Kernursache dieser Krise bestand nicht darin, dass die Regulierungsbehörden nicht in der Lage waren einzugreifen, bevor es zu spät war. Vielmehr trafen die Regulierer, allen voran die Zentralbank FED, die Entscheidung, ihre Macht nicht zu gebrauchen, um in die Entstehung einer Immobilienblase einzugreifen.

Die Diskussion über die Finanzfragen hat stark dazu beigetragen, die zentrale Bedeutung der Immobilienblase für die Krise zu überdecken. Wenn es keine CDS (Kreditausfall-Swaps), CDOs (Collateralized Debt Obligations) oder Subprime- und Alt-A-Immobilienkredite gegeben hätte, doch die Immobilienblase auf 8 Billionen Dollar angewachsen wäre, wären wir dennoch in fast derselben Situation wie heute.

Der Wohnungsbau wäre aufgrund des enormen Überangebots auf dem Wohnungsmarkt zusammengebrochen und der Konsum wäre aufgrund der Vermögensverluste der Haushalte in Höhe von 8 Billionen Dollar eingebrochen. Die durch gescheiterte Regulierung verursachten finanziellen Probleme verkomplizieren das Bild, das aber im Grunde genommen einfach das einer geplatzten Blase mit anschließendem Nachfrageeinbruch ist.

Die Politiker und Regulierer haben ein unmittelbares Interesse daran, die Krise als Ergebnis eines inadäquaten Regulationsapparates und nicht als durch das Scheitern der Regulierer verursacht darzustellen. Denn gescheiterte Regulierer gehören entlassen. Indem er diese gescheiterten Regulierer nicht zur Verantwortung zieht, legt dieser Reformvorschlag zugleich die Grundlagen für die nächste Krise.

Selbst perfekte regulatorische Strukturen werden nicht funktionieren, wenn die Regulierer nicht ihren Job tun. Und sie werden dazu auch gar keinen Anlass haben, wenn ihr Scheitern keine Konsequenzen nach sich zieht. Im Fall der derzeitigen Krisen haben wir das größtmögliche Regulationsversagen miterlebt. Das war wie ein betrunkener Schulbusfahrer, der alle seine Passagiere umbringt, indem er in den Gegenverkehr rast, und dennoch nicht zur Rechenschaft gezogen wird. Die Botschaft an die künftigen Regulierer lautet deshalb: Folgt einfach der tonangebenden Macht, d.h. der Finanzindustrie, und Ihr werdet niemals irgendwelche negativen Konsequenzen zu tragen haben.

Dean Baker ist Co-Direktor des Center for Economic and Policy Research (CEPR) in Washington DC.

18. Juni 2009

A/L/CH: NGOs gemeinsam gegen das Trio Infernale

Erstmals haben NGO-Dachverbände aus Österreich, Luxemburg und der Schweiz in dieser Woche gemeinsam ihre Regierungen zum Umdenken in Steuerfragen aufgerufen. In einem gemeinsamen entwicklungspolitischen Forderungskatalog betonten sie, es komme nicht nur darauf an, mehr zu geben, sondern auch „weniger zu nehmen“. Die Verbände – die Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe – Globale Verantwortung (Österreich), die Alliance Sud (Schweiz) und der Cercle de Coopération“ (Luxemburg) – betonten, die Finanzplätze ihrer Länder sollten aufhören, reichen Personen aus Entwicklungsländern und internationalen Konzernen Anreize zu bieten, Geld unversteuert ins Ausland zu schaffen.

Die NGOs lancierten ihren Aufruf im Vorfeld des informellen OECD-Ministertreffen zu Steuerfragen am 23. Juni in Berlin. In der gemeinsamen Plattform machen sie sich für mehrere Anliegen stark. Geht es nach den NGOs, sollten die Länder des „europäischen Trio Infernale“ nicht defensiv ihre überkommenen Privilegien verteidigen, sondern in die Offensive gehen: Gebraucht werden demnach „neue globale Steuerabkommen. Ziel dieser Abkommen muss die weltweite Zinsbesteuerung von Vermögenserträgen und die gegenseitige staatliche Unterstützung durch automatischen Informationsaustausch sein.“ Bei solchen Abkommen sei die Einbeziehung der Entwicklungsländer zentral, da diesen jährlich schätzungsweise 800-1.060 Mrd. US-Dollar durch illegitime Finanzströme entgehen. Zudem solle die Zinsbesteuerung auch auf andere Formen von Kapitalerträgen und juristische Konstruktionen ausgedehnt werden.

Als Mindestmaßnahme solle zudem der OECD-Standard für die internationale Amtshilfe „sofort und vollständig“ auch auf die Entwicklungsländer angewandt werden. Dabei sei eine Art Meistbegünstigungsklausel anzuwenden: Konzessionen, die gegenüber mächtigen Partnern wie den USA oder der EU gemacht würden, müssten auch allen anderen Ländern zugute
kommen.

Die drei Dachverbände weisen schließlich darauf hin, dass es beim Streit um die Steueroasen nicht nur um unversteuerte Privatvermögen geht. Ein sehr wesentliches Problem seien die Praktiken der Konzerne, die einen Großteil ihrer Gewinne in Steueroasen auswiesen, um Steuern zu sparen. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, sollten die Konzerne ihre Bilanzen nach Ländern aufschlüsseln müssen („country-by-country reporting“).

Dass sich ausgerechnet die drei entwicklungspolitischen Dachverbände aus jenen europäischen Ländern, die auf offizieller Ebene zur Verteidigung ihrer jeweiligen Partikularitäten bestens zusammenarbeiten, zu dieser gemeinsamen Initiative zusammengefunden haben, ist ein starkes Signal. Es zeigt, dass in der Zivilgesellschaft des „Trio Infernale“ so manches anders gesehen wird, als an der politischen Spitze. Desweiteren zeigt sich (wieder einmal), dass international vernetzte Nichtregierungsorganisationen eher in der Lage sind zu erkennen, wenn sich der internationale Wind dreht. Angesichts des zunehmenden Drucks auf die eigenen Finanzplätze ist in der Tat nicht Rückzug ins Schneckenhaus angesagt, sondern Eigeninitiative für eine neue internationale Steuerpolitik.

Hinweis: Die Graphik zeigt die Höhe des Anlagevermögend in den betreffenden Finanzzentren im Jahre 2004; Vergrößerung durch Anklicken!

17. Juni 2009

EU-Subventionen: Die großen Absahner

Unter den Empfängern der EU-Agrarsubventionen finden sich zahlreiche Großunternehmen - an der Spitze die Südzucker AG mit mehr als 34 Mio. € (2008). Unsere Tabelle zeigt die bislang bekannten Top 10 der Empfänger (ohne Bayern).

16. Juni 2009

„Let’s make money“ als DVD

Die Film-Dokumentation „Let’s make money“, die bislang erfolgreich im Kino lief, kommt am 18. Juni auch als DVD in den Handel. Lange vor Ausbruch der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise hat sich der Regisseur Erwin Wagenhofer auf die Spurensuche gemacht und ist dabei dem Weg des Geldes gefolgt. Herausgekommen ist ein wichtiger Beitrag zur aktuellen Diskussion über die Ursachen und Folgen der Finanzkrise (s. Filmausschnitt unten).



Bezug der kompletten DVD: >>> hier.


15. Juni 2009

G8 italienisch: Wie die letzte Glaubwürdigkeit dahin schmilzt

Egal ob die G8-Finanzminister, wie am Wochenende in Lecce/Italien, über das bevorstehende Ende der Rezession sinnieren, oder die G8-Entwicklungsminister, wie Ende letzter Woche in Rom, geloben, die Versprechen von Gleneagles doch noch zu erfüllen – die Erklärungen klingen so hohl wie selten zuvor, und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit bewegt sich inzwischen fast gegen Null. Die G8 hat ein Legitimationsproblem, das ist bekannt. Aber dieses Legitimationsproblem wird durch die derzeitige italienische G8-Präsidentschaft noch einmal enorm verschärft; das letzte Quäntchen Glaubwürdigkeit der G8 schmilzt dahin wie ein Eiswürfel in der Sommersonne.

In der letzten Woche bescheinigte die entwicklungspolitische Organisation ONE in ihrem neuesten DATA-Bericht dem Gastgeberland des diesjährigen G8-Gipfels, die Ausgaben für Entwicklungshilfe zwischen 2007 und 2008 nur minimal erhöht zu haben. Mit der Erfüllung seiner Zusagen sei Italien erheblich im Verzug und für 2009 seien sogar verheerende Kürzungen geplant – das derzeit führende G8-Land als Schlusslicht! „Wenn Italien als G8-Land eine führende Rolle haben will,“ so der ONE-Report, „muss es diese katastrophale Entwicklung durch eine drastische Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere für Subsahara-Afrika, umkehren.“

Wer aber gehofft hatte, die beiden letzten G8-Ministertreffen hätten eine solche Kehrtwende gebracht, wird durch einen Blick auf die Ergebnisse eines Besseren belehrt. Dass die Finanzminister mit der Diskussion über einen möglichen Ausstieg aus der aktiven Konjunkturpolitik der letzten Monate begannen, provoziert den Hinweis, dass die Krise ihre drastischen Auswirkungen im Süden des Globus in den nächsten Monaten erst so richtig zeigen wird. Die Entwicklungsminister bekräftigten zwar die Greneagles-Versprechen, wie es in der Zusammenfassung des Vorsitzenden heißt. Doch die Italiener haben längst zu einem durchsichtigen PR-Manöver ausgeholt, um keine realen Ausgabensteigerungen im Bereich Entwicklungshilfe vornehmen zu müssen: Man wolle mit den zuständigen Banken und Finanzinstitutionen verhandeln, damit diese ihre Gebühren für Heimatüberweisungen von Migranten in den nächsten fünf Jahren um 50% senken. Dann käme schon zusätzliches Geld in die Entwicklungsländer. „Innovative Entwicklungsfinanzierung“ – dieses Mal als Treppenwitz der G8-Geschichte.

11. Juni 2009

UN-Menschenrechtsrat: USA rein, Deutschland raus

Gastkommentar von Klaus Hüfner

Am 12. Mai 2009 wurden 18 Staaten in den aus 47 Mitgliedern bestehenden UN-Menschenrechtsrat (UNHRC) auf drei Jahre wieder- beziehungsweise neugewählt. Erstmals werden sich ab 19. Juni 2009 Belgien, Kirgistan, Norwegen, Ungarn und die USA an der Arbeit des Menschrechtsrats beteiligen, wobei die USA in geheimer Abstimmung 167 von 191 gültigen Stimmen erhielten und damit deutlich über der notwendigen einfachen Mehrheit von 97 Stimmen lagen. Die Kandidatur der USA kam angesichts der bisherigen Kritik an der Arbeit des Menschenrechtsrats überraschend, wie der folgende Rückblick deutlich macht.

Als die UN-Generalversammlung am 15. März 2006 nach außerordentlich zähen Verhandlungen die Einrichtung des Menschenrechtsrats mit 170 Ja-Stimmen und vier Nein-Stimmen (USA, Israel, Palau und die Marschallinseln) bei drei Enthaltungen (Venezuela, Iran, Belarus) beschlossen hat, waren die Meinungen sowohl der Regierungen als auch der NGOs geteilt. Das angestrebte Ziel, mit der Ersetzung der UN-Menschenrechtskommission durch den UN-Menschenrechtsrat das UN-Menschenrechtsschutzsystem deutlich zu stärken, erschien angesichts der notwendigen Kompromisse zumindest zweifelhaft.

Während die EU-Staaten mit der Kompromisslösung einverstanden waren, obwohl als jährliche Sitzungszeit lediglich zehn Wochen vorgesehen sind und die Wahl der Mitglieder durch die Generalversammlung nicht mit Zwei-Drittel-Mehrheit, sondern mit einfacher Mehrheit erfolgt, reagierten die USA mit einer massiven Kritik. Sie hielten eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die Wahl der Mitglieder und die einfache Mehrheit für den Ausschluss von Mitgliedern bei schweren Menschenrechtsverletzungen für notwendig, und nicht umgekehrt. Außerdem wollten sie einen noch kleineren Rat, wobei aber den fünf Ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats eine Dauermitgliedschaft zugebilligt werden sollte. Ferner sollten Staaten, über die der UN-Sicherheitsrat Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen verhängt hat, automatisch ihre Mitgliedschaft im Menschenrechtsrat verlieren. Für die USA galt die Forderung „Wer foltert, darf nicht rein“, wie es in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung vom 6. März 2006 hieß.

Trotz des Neuzuschnitts der Regionalquoten, die zu einem Sinken des Anteils der westlichen Staatengruppen von 18,9 auf 14,9% führte, wurden von den EU-Staaten als positive Änderungen unter anderem die Erhöhung der jährlichen Gesamtsitzungszeit von sechs auf zehn Wochen, die Positionierung des Rates als Nebenorgan der Generalversammlung, die neuen Wahlmechanismen sowie die periodische Überprüfung der Menschenrechtssituation in allen Mitgliedstaaten hervorgehoben, so dass sie im Gegensatz zu den USA die ausgehandelte Kompromisslösung akzeptieren konnten.

Dass die USA den Menschenrechtsrat nicht mehr boykottieren, sondern sich einer „Reform von innen“ anschließen, weckt Hoffnungen. Zwar hat sich am Kräfteverhältnis im Menschenrechtsrat mit dem Eintritt der USA nichts verändert, denn China, Kuba, Russland und Saudi-Arabien wurden auf weitere drei Jahre wiedergewählt. Aber mit dem Eintritt der USA wird eine Abkehr von der Politik der Bush-Administration demonstriert. Wenn die USA eine Führungsrolle übernehmen wollen, müssen sie nicht nur mit den höchst umstrittenen Militärtribunalen für Terrorverdächtige in Guantanamo Schluss machen, sondern auch soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte stärker in den Mittelpunkt ihrer Politik rücken. Ob sich der sog. Obama-Effekt positiv auf die Arbeit im Menschenrechtsrat auswirken wird, bleibt jedoch abzuwarten. Obamas Rückzieher, diese Sondergerichte lediglich reformieren zu wollen, hat Verwirrung und Empörung ausgelöst. Dass die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte eine Bestrafung von Folter sowie eine Untersuchung umstrittener Aktivitäten, wie die CIA-Gefangenenflüge und Verhörmethoden, öffentlich gefordert hat, hat sich sicher nicht positiv auf das politische Klima zwischen den Vereinten Nationen und den USA ausgewirkt.

In der westlichen Gruppe haben Deutschland, Kanada und die Schweiz nicht erneut kandidiert. Stattdessen nehmen Belgien, Norwegen und die USA die Plätze ein. Die Kandidatur der USA führte dazu, dass Neuseeland seine Kandidatur zurückzog. Damit waren die (Wahl-)Ergebnisse für diese Gruppe vorprogrammiert. Warum Deutschland nicht wieder kandidierte, hätte zumindest einer öffentlichen Erklärung bedurft. Selbst wenn es sich um eine EU-interne Absprache handeln sollte, wäre eine öffentliche Bewertung der bisherigen Arbeit des Menschenrechtsrats durch die Bundesregierung notwendig gewesen.

Prof. Klaus Hüfner ist Präsidiumsmitglied der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN); sein Kommentar erschien auch auf der DGVN-Website.

10. Juni 2009

Schwerer Stand der Kritiker: US-Debatte über IWF-Finanzen

Die vom letzten G20-Gipfel anvisierte Aufstockung der Finanzen des Internationalen Währungsfonds (IWF) scheint recht reibungslos über die Bühne zu gehen. In den USA, wo die von der Obama-Administration zugesagten 108 Mrd. US-Dollar vom Kongress bewilligt werden müssen, deutet kaum etwas auf Blockadetendenzen. Die Debatte im Kongress läuft entlang der üblichen parteipolitischen Linien, wobei die Republikaner ihre üblichen Bedenken gegen multilaterale Institutionen vortragen und die Demokraten die Bedeutung der Stärkung des IWF für die Wiederherstellung amerikanischer „Leadership“ betonen. Da die Mehrheitsverhältnisse eindeutig sind, wird der Kongress über die beantragten Milliarden wohl kaum negativ entscheiden.

Sichtlich schwer hat es derzeit die noch zur Frühjahrstagung von diversen NGOs hoch gehaltene Parole „Erst Reform – dann neues Geld“ (>>> W&E-Hintergrund Mai 2009). Verkompliziert wird die Lage auch dadurch, dass es dem IWF derzeit nicht schlecht gelingt, sich als reformbereite Institution darzustellen. Nicht alles kann hier als PR abgetan werden. So wird in IWF-Abkommen verstärkt die Kürzung von Bildungs- und Gesundheitsausgaben ausgeschlossen. Auch knüpfen die Demokraten im Kongress ihre Zustimmung zu dem neuen IWF-Geld teilweise daran, dass die USA „ihren Einfluss im IWF nutzen, um jegliche Kredite oder andere Aktivitäten zu verhindern, die Kürzungen der Haushalte für Gesundheit und Bildung in den ärmsten Ländern vorschreiben“, wie die US-amerikanische ONE-Kampagne in einem Brief an die Abgeordneten vermerkt.

Unterdessen ist IWF-Kritiker Mark Weisbrot vom Center for Economic Policy Research (CEPR) in einem Kommentar auf die nicht unproblematische Idee verfallen, die gut 100 Mrd. US-Dollar für den IWF als neues Rettungspaket der US-Steuerzahler für (diesmal) europäische Banken zu brandmarken. Argumentiert wird von ihm damit, dass sich der IWF in letzter Zeit überdurchschnittlich stark in Mittelosteuropa engagiert, wo sich auch (west-)europäische Banken überdurchschnittlich stark exponiert haben. Das stimmt zwar (>>> Osteuropa vor dem Crash à la Argentina?). Ausgezahlt hat es sich jedoch noch nie, wenn Linke auf nationale bzw. antieuropäische Ressentiments gesetzt haben.

9. Juni 2009

Hedgefonds laufen Sturm gegen Brüssel

Wenn sich die Finanzminister der EU heute in Luxemburg auch mit dem jüngsten Entwurf der Europäischen Kommission für eine Direktive zu sog. alternativen Investmentfonds befassen, wird sich zeigen, wie Ernst die Beteuerung zur stärkeren Regulierung der Finanzmarktakteure in Europa gemeint sind. Unter „Alternativen Investmentfonds“ versteht man in der seltsamen Sprache der Finanzwelt keineswegs „grüne“ oder „ethische“ Bankprodukte, sondern jene Fonds, die jenseits sämtlicher Regulierungen agieren. Dies soll jetzt anders werden. Seit Wochen laufen deshalb die größten britischen Hedgefonds und Private Equity-Fonds Sturm gegen den Entwurf aus Brüssel, der auf den Vorschlägen der De-Larosière-Kommission beruht.

Obwohl bereits im vorauseilendem Gehorsam abgeschwächt – so wird nicht die Regulierung von Hedgefonds vorgeschlagen, sondern der Fondsmanager – sieht die Direktive einen neuen Rahmen für die Finanzaufsicht in Europa vor. Geplant ist u.a. ein European Systemic Risk Council (ESRC) unter dem Vorsitz des Zentralbank-Präsidenten. Ein besonderer Dorn im Auge ist den Hedge- und Privat Equity-Fonds, dass die Kommission die Fondsindustrie Obergrenzen der Verschuldung unterwerfen will, um künftiges „Overleveraging“ zu verhindern, das als ein Faktor der aktuellen Finanzkrise angesehen wird.

In ihrer Wahl der Mittel sind die Fonds-Manager alles andere als zimperlich. So drohen sie offen damit, von London in die Schweiz oder nach New York zu gehen, wenn die Kommission ihren Entwurf, über den auch auf dem EU-Gipfel am 19. Juni beraten werden soll, nicht radikal ändert. Statt die Fonds, die zu tausenden bspw. auf den Cayman-Inseln sitzen, durch adäquate Regulierung, sprich: weitere Deregulierung, nach London zu holen (von wo aus sie heute schon gesteuert werden), riskiere die EU-Kommission den Untergang der Hedgefonds-Industrie in EU-Europa, sagte z.B. Ian Wace, Mitbegründer des Hedgefonds Marshall Wace der Financial Times. Dutzende seiner Kollegen haben gegenüber dem britischen Finanzministerium ihren Widerstand gegen die Direktive deutlich gemacht. Kein Wunder, dass dieses derzeit am liebsten jeden Ansatz, die Regulierung der Finanzmärkte europaweit zu regeln, zu Gunsten nationaler Ansätze blockieren würde, wie Paul Myners vom britischen Treasury heute deutlich macht.

7. Juni 2009

FT/IFC: Schindluder mit Nachhaltigkeitspreisen

In der letzten Woche verliehen die Financial Times und der Privatsektorarm der Weltbank IFC („International Finance Corporation“) in London erneut ihre sog. Nachhaltigkeitspreise für Banken, die sog. “Sustainable Banking Awards". In diesem Jahr stand auch die Deutsche Bank auf der Liste der Preisempfänger – ein Skandal, wie kritische Aktionäre und Umweltaktivisten meinen. Mit dem Preis sollen Banken ausgezeichnet werden, die bei der Integration von Sozial- und Umweltaspekten in ihre Geschäftspraktiken innovative Wege gehen. Das treffe auf die Deutschen Bank eindeutig nicht zu – weder auf ihre Geschäftsrichtlinien noch auf ihre Praxis, meinte Markus Duffner vom Dachverband Kritische Aktionäre anlässlich der Preisverleihung.

Vergleichsstudien zu Banken, wie z.B. der "Mind the Gap"-Bericht des NGO-Netzwerkes BankTrack, stellen der Deutschen Bank ein schlechtes Zeugnis aus. Im Vergleich mit Nachhaltigkeitsbemühungen von 45 Großbanken schnitt die Deutsche Bank sehr schlecht ab; sie gehört zu den internationalen Schlusslichtern auf dem Gebiet der Umwelt- und Sozialstandards. Anders als viele ihrer internationalen und mittlerweile auch nationalen Wettbewerber weigert sie sich bis heute, hochwertige Sektorstandards einzuführen oder ihre Umweltrichtlinien auch nur zu veröffentlichen, so Barbara Happe von der Umweltorganisation urgewald.

Die fehlenden Standards schlagen sich in der Finanzierungspraxis nieder. So finanziert die Deutsche Bank Unternehmungen wie die Bergbaugiganten Vedanta und Freeport, die ihren Abraum einfach ins Meer kippen oder systematisch Umweltgesetze brechen. „Bei anderen Finanzdienstleistern stehen diese Konzerne deshalb längst auf dem Index", sagt Esther Vandenbroucke vom Netwerk Vlaanderen, das im letzten Jahr eine Studie zu gefährlichen Bankengeschäften veröffentlicht hat.

Das “grüne Image" der Deutschen Bank erhält aber auch im eigenen Land immer tiefere Risse. Aktuell plant die Bank die Finanzierung des Kohlekraftwerks Mainz-Wiesbaden. Das Kohlekraftwerk würde 750mal soviel CO2 ausstoßen wie durch den Umbau der Banktürme in Frankfurt eingespart wird. Kein Wunder, dass Nachhaltigkeitspreise dieser Art längst unter der Rubrik PR-Bemühungen abgelegt werden.