Regulierung der Finanzmärkte: Marktfundamentalismus statt Reformwille
Mit der näher kommenden Frühjahrstagung von IWF und Weltbank und immer neuen Hiobsmeldungen aus dem Bankensektor wird jetzt wieder verstärkt über den Reformbedarf der internationalen Finanzmärkte diskutiert. Für das Treffen in Washington am 11./12. April wird der lange angekündigte Bericht des Forums für Finanzstabilität mit Vorschlägen für eine Reform des Finanzsystems an die G7 erwartet. Die dafür verantwortliche Draghi-Kommission hat auf einer Sitzung am vergangenen Wochenende in Rom schon mal den Ton vorgegeben: „Das Finanzsystem sieht sich einer Anzahl signifikanter kurzfristiger Herausforderungen gegenüber;“ heißt es im Kommuniqué des Treffens – im Klartext: Die aktuelle Krise ist noch lange nicht vorbei. Empfehlungen werden zu folgenden Gebieten erwartet: Kapitalmarktaufsicht und Liquiditäts- und Risikomanagement; Transparenz, Veröffentlichungs- und Bewertungspraktiken; Rolle der Rating-Agenturen; die Reaktion der Finanzbehörden auf Risiken und Stresssituationen im Finanzsystem. Für die US-Regierung hat Finanzminister Hank Paulson (s. Photo) schon einmal für die USA die Reorganisationen ihrer Regulierungsbehörden angekündigt, was von den meisten Medien sogleich als „größte Reform“ seit der Großen Depression eingestuft wurde.
Doch der Vergleich hinkt, und die meisten derzeit gehandelten „Reformvorschläge“ treffen nicht den Kern der Sache. Für einen der es wissen muss, George Soros, geht die jüngste US-Initiative, in deren Mittelpunkt die Aufwertung der Notenbank Fed steht, schlicht am Problem vorbei. Schon lange stelle die Fed Regeln für den Immobiliensektor und die Finanzindustrie auf, scheitere aber regelmäßig an ihrer Umsetzung, schreibt der erfahrene Finanzmagnat heute in der Financial Times. „Rund 25 Jahre lang ließen sich die Finanzbehörden von einem Marktfundamentalismus leiten: dem Glauben, dass Märkte zum Gleichgewicht tendieren und dass Abweichungen davon nur zufällig auftreten.“ Nichts zeigt das besser als der Umstand, dass gerade die zahlreichen sog. Finanzinnovationen der letzten Jahre kaum einer Regulierung unterworfen wurden.
Während Soros den falschen Glauben an die Fähigkeit der Märkte zur Selbstkorrektur geißelt, verglich der prominente Ökonom Paul Krugman die jüngste Finanzmarktinitiative der US-Regierung Anfang der Woche mit einer Dilbert-Übung, in der – nach dem Muster des berühmten Comics – die Trennwände in einem Großraumbüro neu organisiert werden, weil den Managern substantiell nichts Neues einfällt. Die Notwendigkeit der Reform der Finanzmärkte sei inzwischen so offenkundig geworden, dass durch hektische Betriebsamkeit Handeln vorgetäuscht werden müsse, wenn das Vertrauen in Märkte und Politik nicht noch weiter schwinden soll. – Krugmans Kollege Nouriel Roubini wies unterdessen darauf hin, dass erst einmal die Ursachen der aktuellen Finanzkrise analysiert werden müssen, bevor über Lösungen nachgedacht werden könne. Seine imposante Liste von 10 Punkten verweist allerdings ebenfalls auf die zahlreichen Versäumnisse in der gegenwärtigen Debatte, die einseitig die Selbstregulierung und die Marktdisziplin betont und sich lieber auf freiwillige Prinzipien verlässt als eindeutige Regeln zu verordnen, die notfalls auch durchgesetzt werden.
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