UNCTAD XIII: Spannungen trotz gelungenem Auftakt
Eigentlich
könnte man zufrieden sein. Die XIII. UN-Konferenz für Handel und Entwicklung
(UNCTAD) in Doha erlebte am Wochenende einen fulminanten Auftakt mit beeindruckenden
Reden und Kulturdarbietungen der Gastgeber. Neben einer langen Liste von zivilgesellschaftlichen Organisationen
aus aller Welt erhielt sie starke Solidaritätserklärungen der Gruppe der ärmsten Länder (LDCs), der Gruppe der 77 (Entwicklungsländer) und
China sowie schließlich auch der wirtschaftlichen einflussreichen BRICS (Brasilien, Russland, Indien,
China und Südafrika). Doch unter dieser Oberfläche war Unruhe und Nervosität
spürbar, da bislang völlig unsicher ist, wie das Hauptergebnis der Konferenz,
die Ministerdeklaration, aussehen wird, in der die kommenden Aufgaben und Funktionen
festgelegt werden müssen.
Der
letzte Entwurf dieser Erklärung datiert vom 21. April und macht durch
zahlreiche eckige Klammern deutlich, wie drastisch die Angriffe der
Industrieländer, vor allem der JUSSCKANNZ-Gruppe (Japan, USA, Schweiz, Kanada, Südkorea,
Australien, Norwegen, Neuseeland und Lichtenstein), aber auch der EU, auf
UNCTADs Rolle sind. Sie wollen den Text an zahlreichen Stellen entweder
verwässern oder ganze Passagen streichen. Statt den Accra-Akkord von vor vier
Jahren zu bekräftigen, wollen sie lediglich „darauf aufbauen“, was indirekt
bedeutet, dass das derzeitige Mandat von UNCTAD bestritten wird. Die beiden
Absätze zur Finanzkrise sollen ganz gestrichen werden. UNCTAD Beitrag zur
Bearbeitung der Ursachen und Folgen der wirtschaftlichen Krise soll völlig verwässert
werden. Die Absätze zur Arbeit von UNCTAD zu Schulden, Schuldenrestrukturierung
und verantwortlicher Kreditvergabe sollen ebenfalls verwässert werden oder aus
dem Dokument ganz verschwinden.
Besonders
dreist ist der Versuch der JUSSCKANNZ-Gruppe, die Zuarbeit von UNCTAD für das Global
System of Trade Preferences (GSTP) zu unterbinden, des System der
Süd-Süd-Handelspräferenzen, das teilweise als Alternative zur Allround-Liberalisierung
der WTO fungiert. Auch der Absatz zu intellektuellem Eigentum soll nach dem
Willen der Industrieländer gestrichen werden, ebenso wie das Plädoyer zur
Industriepolitik. Weitere umstrittene Punkte betreffen die UNCTAD-Arbeit zu
Umwelt und nachhaltiger Entwicklung, zu Nahrungsmittel- und Agrarfragen, zu
LDC-Präferenzen und Technologietransfer. – Die Auflistung lässt erkennen, wie
viel in dieser Woche für die Entwicklungsländer in Doha auf dem Spiel steht. Es
sieht so aus, als wollten die Industrieländer noch einmal deutlich zeigen, wer
der Herr im Hause ist, bevor sich ihr Abstieg in einer „neuen Konstellation der
Weltwirtschaft“ weiter fortsetzt.
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