22. April 2012

IWF-Rhetorik: Von Kriegskassen und Brandmauern

G20/IMFC- Pressekonferenz
Die Beschlüsse der G20-Finanzminister und des Internationalen Währungs- und Finanzausschusses (IMFC) des IWF von diesem Wochenende lesen sich wie aus einem Kriegstagebuch: Die ‚Kriegskasse‘ des IWF wurde um mehr als 430 Mrd. US-Dollar nahezu verdoppelt; die globale ‚Brandmauer‘ des Fonds gegen Krisen ist damit jetzt etwa so hoch wie die europäische in Form des sog. kombinierten Rettungsschirms aus EFSF und ESM. Doch wer angesichts dieser bellizistischen Rhetorik auf die Idee kommen sollte, hier werde ein Krieg gegen die Finanzmärkte geführt, der täuscht sich. In Wirklichkeit tun die politischen Akteure alles, um das ‚Vertrauen‘ der Finanzmärkte zu gewinnen. Diesen wird suggeriert, dass im Krisenfall stets genug Geld zur Verfügung stehen wird, um Banken und andere Finanzinstitutionen zu retten.

Interessant an den Beschlüssen der IWF-Frühjahrstagung ist zweierlei: Zum einen sind bei den über 430 Mrd. Dollar erstmals auch Zusagen der Schwellen- und Entwicklungsländer dabei. Zwischen 90 und 110 Mrd. Dollar sollen von Ländern wie Brasilien, China, Russland, Indonesien, Malaysia und Thailand kommen, deren genaue Aufteilung jedoch erst nach Beratungen in den Heimatländern festgelegt werden soll. Ungeklärt ist auch, unter welchen Bedingungen die Kreditmittel dem Fonds zur Verfügung gestellt werden. Die BRICS wollen eine Beschleunigung der derzeit laufenden Quotenüberprüfung, die eine geringfügige Umverteilung der Stimmrechte zu ihren Gunsten vorsieht und eine zügige Inangriffnahme der nächsten Quotenüberprüfung, die ihnen weiteren Einfluss bringen soll. Doch die USA blockieren derzeit aus wahlkampfpolitischen Gründen. Und andere Governance-Modelle jenseits des Prinzips „Eine Dollar – eine Stimme“, etwa ein System der doppelten Mehrheiten, stehen derzeit nicht zur Diskussion.

Zum anderen ist der Umstand bemerkenswert, dass die G20-Finanzminister und der IMFC in Washington erstmals gemeinsam getagt und beschlossen haben (>>> Joint G20/IMFC Statement). Dies symbolisiert zweifellos eine noch engere Verzahnung der G20 mit dem IWF. Schon bislang hat der IWF, der seine finanzielle Stärkung in den letzten Jahren durchweg der G20 verdankt, als eine Art G20-Sekretariat agiert. Neben dem Rat für Finanzstabilität war er die wichtigste Institution, der Expertise und Entscheidungshilfen für die G20 bereit gestellt hat. In mancherlei Hinsicht entwickelt sich der IWF unter der Hand zu einem Exekutivorgan der G20 – eine Entwicklung, die schwerlich in Übereinstimmung zu bringen ist mit der Rede seiner Chefin, Christine Lagarde, wonach der Fonds für alle Mitglieder in gleicher Weise da sei. Einige sind eben doch gleicher als die andern (>>> Der IWF auf dem Weg zum Superfonds).

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