Auf den Agrarmärkten begann das neue Jahr mit einem Paukenschlag: Kaum hatte der Rohstoffkorrespondent der Financial Times, Javier Blas, in der Silvester-Ausgabe seiner Zeitung für 2011 eine neue Nahrungsmittelkrise vorausgesagt, wartete die FAO mit der Meldung auf, dass ihr Nahrungsmittelpreis-Index (s. Grafik) bereits im Dezember letzten Jahres das Niveau der letzten Nahrungsmittelkrise von 2007/08 überschritten hatte. Er liegt jetzt bei 214,7 Punkten – der Vergleichswert vom Juni 2006 war 213,5. Zwar versuchen die Experten noch zu beschwichtigen, indem sie darauf verweisen, das die Rekordhöhe des Indexes auf die Preise bei Ölsaaten, Milchprodukten oder Zucker zurückzuführen sei, während die für die Ernährungssicherheit vieler Länder im Süden entscheidenden Preise von Reis oder Weizen bislang noch relativ moderat ausfallen – „relativ“ wohlgemerkt. Immerhin ließen erste Meldungen von Brotunruhen, diesmal aus Algerien, nur einen Tag auf sich warten.
Ungeachtet ob die Meldungen aus Algerien das Menetekel für eine neue Serie von Brotaufständen sind – dass die Nahrungsmittelpreise in diesem Jahr weiter steigen werden, ist so gut wie sicher. Da ist es keine große Überraschung, dass sich sogleich die potentiellen Krisenmanager zu Wort melden, z.B. Robert Zoellick, der Präsident der Weltbank. In einem Gastkommentar für die Financial Times würdigt er die Weisheit der französischen G20-Präsidentschaft, das Thema Nahrungsmittelpreisvolatilität ganz oben auf die Agenda zu setzen. Die Vorschläge des Weltbank-Präsidenten beschränken sich allerdings strikt auf technische Maßnahmen. So will er die Information über den Zustand der Getreidelager erhöhen, die Wettervorhersage vor allem für Afrika verbessern, das Verständnis über das Verhältnis von internationalen und lokalen Nahrungsmittelpreisen verbessern oder Nahrungsmittelhilfe von Exportverboten ausnehmen.
Das Problem der Spekulation mit Nahrungsmittelpreisen, die jetzt wieder grassiert, kommt bei Zoellick überhaupt nicht vor. Ebenso wenig wie der Trend zur „Finanzialisierung“ des Nahrungsmittelhandels, vor der die französische Finanzministerin Christine Lagarde so gerne warnt, also das Eindringen des Finanzsektor in den Nahrungsmittelsektor mit dem Ziel, aus Lebensmitteln profitable „assets“ zu machen. Zwar sollte sich auch in Bezug auf die französische G20-Präsidentschaft niemand der Illusion hingeben, dass es schnelle Fortschritte bei der Regulierung der Food-Märkte geben wird. Aber so primitiv wie in Washington denkt man in Paris nicht. Zoellicks Botschaft lautet schlicht: „Die freien Märkte können bislang noch die Welt ernähren.“ Was sollte man dazu anderes sagen als: Nichts dazu gelernt, Mr. Zoellick!