16. März 2007

Neuer G8-Blog: Der Weg nach Heiligendamm


Seit gestern ist unser neuer G8-Blog online, den wir in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung produzieren, um die inhaltliche Debatte im Vorfeld, während und nach dem Gipfel von Heiligendamm zu beleben. G8-bezogene Themen, z.B. die zahlreichen offiziellen und zivilgesellschaftlichen Vorbereitungstreffen, die bislang hier angesprochen wurden, werden ab sofort dort behandelt. Der "Baustellen"-Blog wird jedoch weitergeführt werden. Hier finden Sie künftig wie gewohnt alles andere, was mit der Reform der Global Governance und der Debatte darüber zusammenhängt.

15. März 2007

EU-AKP: Nachträglicher EPA-Konsens?

Mehr als 24 Stunden, nachdem die Mikrophone abgestellt, die roten Teppiche eingerollt und die Regierungsmaschinen von Köln-Bonn-Wahn wieder abgehoben hatten, hat das BMZ der staunenden Journaille noch einen "Konsens zwischen EU und AKP-Ländern über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen" (EPAs) zukommen zu lassen. Bei der abschließenden Pressekonferenz von Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und Minister Hans-Joachim Keil aus Samoa war davon noch nicht die Rede. Der unbedarfte Leser der gestern abend herumgeschickten "gemeinsamen Pressemitteilung der deutschen Präsidentschaft und der AKP" mag sich jetzt fragen, warum die EU und die AKP-Staaten überhaupt noch über die EPAs verhandeln, wenn doch die Einigkeit so groß ist. Dem geübteren Blick wird freilich auffallen, wie oft in der Erklärung nur vage Intentionen benannt und die Möglichkeit von Vereinbarungen angesprochen wird. Z.B. kamen die dialogisierenden Minister "auch überein, sich für die Erarbeitung konkreter Mechanismen für eine wirksame Umsetzung der entwicklungspolitischen Komponenten der WPA (d.h. EPAs) einzusetzen".

In einer Frage, beim Thema Investitionen, schweigt sich die Erklärung jedoch tunlichst aus. Hier herrscht also kein Konsens, auch wenn sich die Protagonisten der europäischen Seite noch so große Mühe gaben (s. vorigen Eintrag), zu dementieren, daß sie mit den EPAs zugleich Teile der in der WTO gescheiterten Singapur-Agenda wieder auf's Tapez bringen wollten.

14. März 2007

EPAs und EU-Entwicklungspolitik: Petersberger Flop


Mit einer Sammlung von Allgemeinplätzen in einem „Petersberger Kommuniqué zur europäischen Entwicklungspolitik“ ist das Informelle Treffen der EU-EntwicklungsministerInnen von 12./13. März zu Ende gegangen. Als Novum hatte die deutsche Präsidentschaft erstmals Vertreter der AKP-Staaten zum „Dialog“ in diesen Kreis eingeladen, um deren Bedenken gegen die EPAs aus dem Weg zu räumen. Entsprechend wurden die ebenfalls angereisten EU-Kommissare für Entwicklung (Louis Michel) und Handel (Peter Mandelson) nicht müde zu betonen, daß in die Liberalisierungsbkommen Klauseln über lange Übergangsfristen und „positive Diskriminierung“ (Michel) eingebaut werden könnten und eine Aufstockung von Finanzmitteln für Anpassungshilfen geplant sei.

Mehrfach dementierten die beiden Kommissare und die deutsche Ministerin Heidemarie Wieczoreck-Zeul, die EU wolle über die EPAs die in der WTO gescheiterte Singapur-Agenda, vor allem das Thema Investitionsfreiheit, durchsetzen. Das kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, daß sich alle drei in zwei Kernfragen nicht erweichen ließen: Die EU wird eine Verlängerung der Verhandlungsdeadline (31.12.2007) nicht zulassen. Und auch auf der „Verbesserung des Klimas für Privatinvestitionen“ in den AKP-Staaten als Bestandteil der Abkommen wird die EU wohl bestehen. Zu Beginn ihres Treffens hatten sich die MinisterInnen über die Bedeutung dieses Themas briefen lassen: von Weltbank-Präsident Wolfowitz und von dem deutschen Unternehmer Otto.

Die europäischen NGOs hatten auf einer Versammlung unmittelbar vor dem Ministerrat gefordert, das Verhandlungsmandat der Kommission neu, d.h. entwicklungsorientierter zu fassen. Auch politische Freunde Wieczoreck-Zeuls, nämlich führende sozialistische Abgeordnete des Europäischen Parlaments, hatten in einem Brief gefordert, auf die Verankerung von Themen wie Investitionen in den Handelsabkommen zu verzichten, wenn die AKP-Staaten das wünschen. Es sieht jetzt ganz danach aus, als sei die Bundesregierung dabei, zentrale entwicklungspolitischbe Chancen der deutschen Präsidentschaft zu verspielen.

5. März 2007

NGO-Kampagne zur Wiederauffüllung der IDA

Erstmals in der Geschichte der Softloan-Filiale der Weltbank, der Internationalen Entwicklungsassoziation (IDA), wird eine Wiederauffüllungsrunde von einer massiven Kampagne europäischer NGOs begleitet. Den Startschuß bildet eine Aktion in Paris, die heute parallel zur Eröffnung der Geberverhandlungen über die Wiederauffüllung stattfand. AktivistInnen hielten einen symbolischen Scheck bereit, der durch die europäischen Regierungen an die Weltbank ausgezahlt werden soll, vorausgesetzt diese nimmt in Zukunft von ihrer schädlichen Kreditvergabepraxis Abstand. Ein Kampagnenaufruf, der von 60 NGOs aus 16 europäischen Ländern unterschrieben wurde, kritisiert vor allem die anhaltende wirtschaftspolitische Konditionalität der IDA-Kredite und die Verschärfung des Klimawandels durch die Förderung fossiler Energieprojekte im Süden.

Insgesamt will die Weltbank bei dieser Wiederauffüllungsrunde über 20 Mrd. US-Dollar für IDA-Kredite aufbringen, die dann in den drei Jahren nach dem Juli 2008 zur Auszahlung an die ärmsten Länder der Welt kommen sollen. Im Vergleich zur vorangegangenen Dreijahresperiode wäre das nur eine geringe Steigerung (plus 2 Mrd. US-Dollar), aber selbst dieses Ziel ist schwer zu realisieren. Die NGO-Kampagne kommt zu einer Zeit wachsender Unzufriedenheit unter den Beschäftigten und den Anteilseignern der Bank. Die Financial Times zitiert heute mehrere führende Weltbank-Beamte und Mitglieder des Verwaltungsrats, die die Krisenstimmung in der Bank bezeugen. Die Unzufriedenheit sei "außerordentlich weit verbreitet und tiefgehend"; das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP), die EU oder Single-Issue-Einrichtungen wie der Globale Fonds gegen AIDS, Malaria und Tuberkulose konkurrierten zunehmend erfolgreich mit der Weltbank um die Mittel der Geber. Mit ihrer Forderung, Finanzmittel von der Bank abzuziehen, falls diese nicht aufhöre, durch Konditionen und Projektauswahl ein fehlgeleitetes Entwicklungsmodell voranzutreiben, setzen die NGOs also genau am richtigen Punkt an.

1. März 2007

UNCTAD XII: Global Economic Governance als Zentralthema?

Die UN-Handels- und Entwicklungskonferenz (UNCTAD) soll eine größere Rolle im Management der "Global Economic Governance", der politischen Steuerung der ökonomischen Globalisierung, spielen. Die Voraussetzungen dafür sollen auf UNCTAD XII, die vom 20.-25. April 2008 in Accra/Ghana stattfinden wird, geschaffen werden. Dies jedenfalls schlägt das Genfer South Centre den Entwicklungsländern in einem Empfehlungspapier (Getting UNCTAD XII Right: Recommendation on Theme and Sub-Themes) vor. Als Oberthema der Konferenz empfiehlt das South Centre "Aufbau einer gemeinsamen globalen Zukunft: Der Beitrag der UNCTAD zur Revitalisierung einer Globalen Partnerschaft für Entwicklung".

Das South Centre unter der Leitung von Yash Tandom, einem der engagiertesten Sprecher des Südens, sieht UNCTAD XII als "landmark conference" im Kontext entscheidender globaler Veränderungen, deren Bedeutung erst noch vollständig verstanden und analysiert werden müsse. Auf der einen Seite halte der Druck des Nordens auf den Süden an, darunter auch auf UNCTAD, und die existierenden Global-Governance-Strukturen erschwerten die effektive Mitsprache des Südens erheblich. Auf der anderen Seite gäbe es interessante Zeichen der Wiedererstarkung des Süden und seiner Einheit, neue Beispiele erfolgreicher Süd-Süd-Kooperation und einen langsamen Wandel des Nord-Süd-Enagements "von der Abhängigkeit zur gegenseitigen Zusammenarbeit".

Neben dem Oberthema sieht das South Centre sechs Unterthemen, für die sich die Entwicklungsländer in dem jetzt beginnenden Vorbereitungsprozeß stark machen sollten:

1. Die entwicklungspolitische Kohärenz von globaler wirtschaftlicher Governance und Politik herstellen
2. Neue Wege der Zusammenarbeit für Entwicklung definieren
3. Auf der Angebotsseite die produktiven Kapazitäten der Entwicklungsländer sichern, und zwar durch Handel und die Teilung von Wissen und Ressourcen
4. Sich neuen Themen entwicklungsorientiert zuwenden
5. Wachstum Afrikas auf der Basis afrikanischer Prioritäten und Ressourcen
6. Entwicklungspolitische Querschnittsthemen