28. August 2021

Kartographie der Unterdrückung und der Migration: Mark Bradfords 'Masses and Movements' in Menorca

 


Wie oft waren wir an den Gestaden der Balearen. Und wie oft hat sich unsere Faszination von der Schönheit und Natur dieser Region in Traurigkeit und kalte Wut verwandelt angesichts der ungezählten Migrant*innen, die Tag für Tag im Mittelmeer ertrinken. Der amerikanische Weltklasse-Künstler Mark Bradford hat jetzt den Versuch unternommen, die Kartographie der globalen Unterdrückung und Migration zu entschlüsseln. Als Standort der Ausstellung ‚Masses and Movements‘ fungiert nicht zufällig Menorca. Von Rainer Falk.

 

Mark Bradfords Ausstellung, die noch bis 31. Oktober läuft, ist die Eröffnungsschau der neuesten Galerie von Hauser & Wirth auf der kleinen ‚Isla del Rey‘ im Hafen von Mahon in Menorca. In seiner ersten Ausstellung in Spanien präsentiert der Künstler eine Installation skulpturaler Globen, ein In-Situ-Wall Painting und eine Serie neuer Leinwände, die auf einer Weltkarte aus dem 16. Jahrhundert basiert und auf der zum ersten Mal der Name ‚America‘ gedruckt erscheint.

 

● Erkenntnispotential der Abstraktion

 

‚Masses and Movements‘ füllt sieben Galerieräume. Integraler Bestandteil ist ein neues soziales Projektengagement Bradfords, mit dem er künstlerische Bildung einwandernden Gemeinschaften nahebringen will, und eine Schau, die die globale Immigrationskrise beleuchtet. In Fortsetzung seiner karrierelangen Erforschung von Systemen, die marginalisierte Bevölkerungen unterdrücken, zeigt Bradfords neueste Ausstellung Werke, die reich an formaler und allegorischer Komplexität sind und die Bedeutung der Abstraktion für das Verständnis der Welt, in der wir leben, unterstreichen; und nebenbei auch seinen Platz unter der wichtigsten heute lebenden Künstlern...

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23. August 2021

Bundesbank blockiert Umverteilung von Sonderziehungsrechten

Heute erfolgt die Neuzuteilung der Sonderziehungsrechte (SZR) in Höhe von 650 Mrd. US-Dollar, die der IWF am 2. August beschlossen hat (>>> Neuer IWF-Geldsegen für wen?). Es ist die größte Ausschüttung in der Geschichte des IWF. Damit soll die globale Erholung vor allem in Niedrig- und Mitteleinkommensländern unterstützt werden. Deutschland erhält rund 36 Mrd. US-Dollar, deutlich mehr als alle Niedrigeinkommensländer zusammen. Ähnlich ungleich ist die Zuteilung für andere große Industrieländer. Daher forderte der IWF seine reichen Mitglieder auf, die Mittel an die ärmeren Länder umzuverteilen. Doch die Bundesbank, die für die Verwaltung der deutschen Währungsreserven zuständig ist, sperrt sich gegen die Umverteilung.

 

Wie Malina Stutz, politische Referentin von erlassjahr.de sagt, gibt es „kein Gesetz, dass der Bundesbank die Weitergabe der Sonderziehungsrechte ausdrücklich verbietet. Reiche Länder wie Deutschland, die sich Liquidität zum Nulltarif am Kapitalmarkt beschaffen können, müssen dafür sorgen, dass ihre Zuteilungen an ihr eigentliches Ziel gebracht werden, also einkommensschwächere und von Covid-19 besonders betroffene Länder.“

Zudem muss vermieden werden, dass durch die Ausweitung der globalen Liquidität eigentlich überschuldete Länder kurzfristig weiter zahlungsfähig gehalten werden und somit eine nachhaltige Lösung für die globale Schuldenkrise weiter hinausgezögert wird. 2021 werden in Entwicklungs- und Schwellenländern Schuldendienstverpflichtungen von mehr als 350 Milliarden US-Dollar fällig, 2022 noch einmal fast genauso viel. Stutz dazu: „Damit die Finanzspritze auch wirklich ihren Zweck erfüllt anstatt erneut lediglich den Bailout privater Gläubiger zu finanzieren, darf sie nicht als Alternative zu echten Schuldenerleichterungen betrachtet werden. Diese müssen gleichzeitig allen überschuldeten Ländern ermöglicht werden.“

 

Bodo Ellmers vom Global Policy Forum Europe fügt hinzu: „Es ist völlig inakzeptabel, dass die Bundesbank das 30-Milliarden-Euro-Geschenk vom IWF einfach ungenutzt auf ihren Konten schlummern lassen will. Die Hälfte des deutschen Anteils würde ausreichen, um die Finanzierungslücke der UN-Programme für Covid-Impfungen und Tests in Entwicklungsländern für dieses Jahr vollständig zu füllen. Diese Mittel mitten in der Krise nicht einzusetzen heißt, Leben aufs Spiel zu setzen.“

21. August 2021

Die Blutspur des US-Interventionismus

Gastkommentar von Jeffrey D. Sachs

Die Dimension des Versagens der Vereinigten Staaten in Afghanistan ist atemberaubend. Dabei handelt es sich nicht um ein Versagen von Demokraten oder Republikanern, sondern um ein dauerhaftes Versagen der amerikanischen politischen Kultur, das sich im mangelnden Interesse der US-Politik äußert, andere Gesellschaften zu verstehen. Und das ist nur allzu typisch.

Nahezu jede US-Militärintervention der letzten Jahrzehnte in Entwicklungsländern hat sich als Fehlschlag erwiesen. Seit dem Koreakrieg lassen sich nur schwer Ausnahmen finden. In den 1960er Jahren und in der ersten Hälfte der 1970er Jahre kämpften die USA in Indochina - Vietnam, Laos und Kambodscha – und zogen nach einem Jahrzehnt grotesken Blutzolls schließlich geschlagen ab. Präsident Lyndon B. Johnson, ein Demokrat, und sein Nachfolger, der Republikaner Richard Nixon, tragen gemeinsam die Schuld dafür.

Etwa zur gleichen Zeit setzten die USA in ganz Lateinamerika und Teilen Afrikas Diktatoren ein - mit katastrophalen, jahrzehntelangen Folgen. Man denke an die Mobutu-Diktatur in der Demokratischen Republik Kongo nach der von der CIA unterstützten Ermordung Patrice Lumumbas Anfang 1961 oder an die mörderische Militärjunta von General Augusto Pinochet in Chile nach dem von den USA unterstützten Sturz Salvador Allendes im Jahr 1973.In den 1980er Jahren suchten die USA unter Ronald Reagan Mittelamerika in Stellvertreterkriegen heim, um linke Regierungen zu verhindern oder zu stürzen. Davon hat sich die Region bis heute nicht erholt.

Seit 1979 haben vor allem der Nahe und Mittlere Osten sowie Westasien die Torheit und Grausamkeit amerikanischer Außenpolitik zu spüren bekommen. Der Afghanistankrieg begann vor 42 Jahren, also im Jahr 1979, als die US-Regierung unter Präsident Jimmy Carter verdeckt islamische Dschihadisten unterstützte, um ein von der Sowjetunion gestütztes Regime zu bekämpfen. Bald trugen die von der CIA unterstützten Mudschaheddin dazu bei, eine sowjetische Invasion zu provozieren. Dadurch wurde die Sowjetunion in einen kräftezehrenden Konflikt verwickelt, während Afghanistan in eine 40 Jahre dauernde Abwärtsspirale aus Gewalt und Blutvergießen stürzte. Die US-Außenpolitik sorgte in der gesamten Region für wachsendes Chaos. Als Reaktion auf den Sturz des Schahs von Persien im Jahr 1979 (ein weiterer von den USA eingesetzter Diktator) stattete die US-Regierung unter Reagan den irakischen Diktator Saddam Hussein mit Waffen für seinen Krieg gegen die junge Islamische Republik Iran aus. Es kam zu massenhaftem Blutvergießen und US-gestützter chemischer Kriegsführung. Auf diese blutige Episode folgten Saddams Invasion in Kuwait und zwei von den USA angeführte Golfkriege (1990 und 2003).

Die jüngste Runde der afghanischen Tragödie begann im Jahr 2001. Kaum einen Monat nach den Terroranschlägen vom 11. September ordnete Präsident George W. Bush eine von den USA geführte Invasion an, um die islamischen Dschihadisten zu stürzen, die von den USA zuvor unterstützt worden waren.

Sein demokratischer Nachfolger, Präsident Barack Obama, setzte nicht nur den Krieg fort und entsandte noch mehr Truppen, sondern wies auch die CIA an, mit Saudi-Arabien zusammenzuarbeiten, um den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad zu stürzen. Das führte zu einem brutalen, bis heute andauernden Bürgerkrieg in Syrien. Und als ob das noch nicht genug gewesen wäre, wies Obama die Nato an, den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi zu stürzen, was wiederum zu einem Jahrzehnt der Instabilität in Libyen und seinen Nachbarländern führte (darunter auch in Mali, das durch den Zustrom an Kämpfern und Waffen aus Libyen destabilisiert wurde).

All diesen Fällen liegt nicht nur politisches Versagen, sondern auch die Überzeugung des außenpolitischen Establishments der USA zugrunde, wonach die Lösung jeder politischen Herausforderung in militärischer Intervention oder CIA-gestützter Destabilisierung bestehe…

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