14. Februar 2018

Davos-Nachlese: Die CEO haben nichts begriffen

Gastblog von Joseph Stiglitz

Die CEO von Davos haben euphorisch über die Rückkehr zu Wachstum gesprochen, über ihre steigenden Gewinne und Vergütungen. Ökonomen haben sie daran erinnert, dass dieses Wachstum nicht nachhaltig sei und nie inklusiv war. Aber Argumente haben wenig Gewicht in einer Welt, in der die Gier  herrscht. Ich nehme seit 1995 am Weltwirtschaftsforum in Davos teil, wo sich die sog. globale Elite trifft, um die Probleme der Welt zu besprechen. Noch nie bin ich so enttäuscht aus Davos zurückgekommen wie in diesem Jahr.


Die Welt leidet an nahezu unlösbaren Problemen. Die Ungleichheit nimmt zu, besonders in den hochentwickelten Volkswirtschaften. Die digitale Revolution hat zwar ein enormes Potential, birgt aber auch ernsthafte Risiken für Datenschutz, Sicherheit, Arbeitsplätze und Demokratie – Herausforderungen, die durch die wachsende Monopolmacht einiger weniger amerikanischer und chinesischer Datengiganten wie Facebook und Google noch verschlimmert werden. Der Klimawandel stellt eine existenzielle Bedrohung für die gesamte globale Wirtschaft dar, so wie wir sie kennen.

Vielleicht noch entmutigender als diese Probleme sind die Reaktionen darauf. Natürlich haben fast alle Vorstandsvorsitzenden, die in Davos geredet haben, betont, wie wichtig Werte seien. Ihre Aktivitäten zielten nicht nur auf die Maximierung von Gewinnen für die Aktionäre ab, sondern auch darauf, eine bessere Zukunft für die Mitarbeiter, die Gemeinschaften, in denen sie arbeiten, und für die Welt allgemein zu gestalten. Einige gaben sogar Lippenbekenntnisse hinsichtlich der drohenden Gefahren durch Klimawandel und Ungerechtigkeit ab.

Aber am Ende ihrer Reden in diesem Jahr wurden alle verbleibenden Illusionen über die Werte, die die Vorstandsvorsitzenden von Davos wirklich bewegen, zerstört. Das Risiko, das sie am meisten zu beunruhigen schien, war die populistische Reaktion auf die Globalisierung, die sie selbst gestaltet und von der sie enorm profitiert haben.

Es überrascht nicht, dass diese Wirtschaftseliten kaum wirklich begreifen, in welchem Ausmaß dieses System große Teile der Bevölkerung in Europa und den Vereinigten Staaten verraten hat. Das reale Einkommen der meisten Haushalte stagniert, was dazu führt, dass der Anteil der Arbeit am Einkommen erheblich sinkt. In den USA ist die Lebenserwartung zum zweiten Mal in Folge gesunken, in der Bevölkerungsgruppe, die nur einen Sekundarschulabschluss hat, ist der Trend schon viel länger zu beobachten.

Nicht einer der CEO aus den USA, deren Reden ich hörte (oder über die ich hörte), erwähnte die Bigotterie, Frauenfeindlichkeit und den Rassismus von Donald Trump, der die Veranstaltung ebenfalls besuchte…

… der vollständige Kommentar findet sich >>> hier.

6. Februar 2018

Globale Implikationen: US-Steuergesetz und Auslandsinvestitionen

Die Steuersenkungen in den USA, zusammengefasst im „Tax Cuts and Jobs Act“, könnten deutliche Implikationen für das globale Muster ausländischer Direktinvestitionen (FDI) haben. Nach einer Sondernummer des Global Investment Trends Monitor der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) könnten fast 50% des globalen FDI-Bestands davon betroffen sein. Die Erfahrungen mit der letzten Steuerkürzung für repatriiertes Kapital aus dem Jahre 2005 besagen, dass die US-Multis fast 2 Billionen US-Dollar in die USA zurückholen könnten, was mit einer scharfen Abnahme ihrer Bestände an ausländischen Direktinvestitionen verbunden wäre.


Die Veränderung im US-Steuersystem, darunter eine Senkung der Unternehmenssteuern von 35 auf 21%, betreffen sowohl ausländische Investitionen in den USA als auch die Investmentpositionen der US-Konzerne im Ausland. Fast die Hälfte des globalen FDI-Bestands befindet sich entweder in den USA oder im Besitz von US-Multis. Die signifikanteste Änderung im Steuerregime für Multis besteht im Wechsel von einem weltweiten System (das das weltweite Einkommen besteuert) zu einem territorialen System (das nur im Inland erwirtschaftetes Einkommen besteuert). Nach dem alten System wurden Steuerverbindlichkeiten auf ausländische Einkünfte nur besteuert, wenn sie in die USA repatriiert wurden. Im Ergebnis hielten die US-Multis ihre Einkünfte außerhalb ihres Herkunftslandes.

Zu der jetzt durchgesetzten Steuerreform der Trump-Administration gehört eine Einmalsteuer auf akkumulierte Auslandseinkünfte, wenn diese repatriiert werden. Insgesamt belaufen sich die akkumulierten Einkünfte auf schätzungsweise 3,2 Billionen Dollar. Letztlich werden die Effekte auf den globalen FDI-Bestand vom Handeln einer relativ kleinen Anzahl sehr großer Multis abhängen, auf die die Auslandsmittel hauptsächlich entfallen. Allein fünf Hightech-Unternehmen (Apple, Microsoft, Cisco, Alphabet und Oracle) halten mehr als 530 Mrd. Dollar Barvermögen im Ausland – ein Viertel der Gesamtsumme an flüssigen Mitteln, die für eine Repatriierung in Frage kommt.

Rund ein Viertel der FDI-Bestände der USA befindet sich in Entwicklungsländern. Da ein großer Teil davon in produktiven Anlagen investiert und daher nicht leicht zu repatriieren ist, bleibt aus UNCTAD-Sicht abzuwarten, wie groß die Effekte hier letztlich sein werden. Eine Rolle wird auch die Reaktion anderer Länder spielen. Da die US-Reformen in den weltweiten Trends zur Senkung von Unternehmenssteuern passen, könnten sie die internationale Steuerkonkurrenz weiter anheizen.