G20-Finanzminister in Busan: Gegensätze und Dilemmata
Die meisten NGOs erwarten von der Bundesregierung auf dem G20-Finanzminister-Treffen an diesem Freitag/Samstag in der südkoreanischen Hafenstadt Busan eine starke Positionierung zum Thema Finanzmarktsteuer. Zusätzlich wird – vor allem von der erlassjahr.de-Kampagne – gefordert, dass endlich Beschlüsse zur Einführung einer internationalen Insolvenzregelung für Staaten gefasst werden sollen. Doch wahrscheinlich wird es Fortschritte in puncto Finanzregulierung weder in der einen noch in der anderen Richtung geben. Dies liegt nicht nur daran, dass einige wichtige G20-Länder wie Kanada und Australien, aber auch Japan und Brasilien eine wirkliche Belastung der Banken gar nicht wollen.
Was als Vorbereitungsveranstaltung für den Ende des Monats in Toronto stattfindenden, kombinierten G8/G20-Gipfel (mit konkreten Beschlüssen zu einem breiten Spektrum von Finanzmarktreformen) geplant war, scheint inzwischen eher durch ein alarmierendes Dilemma gekennzeichnet: Einerseits lassen sich die Hinweise auf die Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung nicht mehr so einfach wegdiskutieren. Andererseits wird zu Recht vor einem verfrühten Aussteigen aus den Konjunkturprogrammen gewarnt. Beides könnte schnell dazu führen, den ohnehin prekären Aufschwung (>>> W&E-Hintergrund April 2010) abzuwürgen.
Es gibt viel, das für die beiden eingangs zitierten NGO-Forderungen, die ja inzwischen auch im politischen Mainstream angekommen sind, spricht. Ob sie im Doppelpack allerdings konsistent sind, lässt sich bezweifeln. Die Befürworter der Finanzmarktsteuer argumentieren gern, dass damit die notwendigen Mehreinnahmen erzielt werden können, um die durch Bankenrettung und Konjunkturstimuli angespannte Haushaltslage wieder zu bereinigen. Die Anhänger einer Staateninsolvenz sagen mit Blick auf die Finanzkrise in Europa, dass ein solches Verfahren noch nie so dringlich wie heute war.
Dabei ist selbst unter linken Ökonomen heftig umstritten, ob es beispielsweise mit Blick auf Griechenland überhaupt gerechtfertigt ist, von der Notwendigkeit eines „Haircuts“ bzw. einer Restrukturierung der Schulden zu reden. Während UNCTAD-Chefökonom Heiner Flassbeck die Rede vom bevorstehenden griechischen Staatsbankrott für schlicht verantwortungslos hält, plädierte Rudolf Hickel von der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik kürzlich mit dem Hinweis auf einen drohenden Staatsbankrott für eine Umschuldung. Wie dem auch sei: Wenn sich die öffentliche Verschuldung durch neue Steuern zurückfahren lässt, erübrigt sich ein geordneter oder ungeordneter „Default“. Wenn es aber im Zuge einer Insolvenz zu Schnitten beim Stand der staatlichen Verschuldung kommt, werden neue Einnahmequellen weniger dringlich – jedenfalls aus diesem Grund.
Was die Finanzminister der G20 bestenfalls in Busan zuwege bringen werden, so hört man, ist die Empfehlung, der Gipfel Ende des Monats solle sich auf einige gemeinsame Prinzipien einigen, und alles andere sollten die Staaten alleine machen. Willkommen also wieder einmal Frank Sinatra: „I do it my way.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen