9. November 2007

Deutsche Entwicklungshilfe: Traurige Berliner Wirklichkeit

In dieser Woche haben die Deutsche Welthungerhilfe und terre des hommes wieder ihren Bericht zur Wirklichkeit der Entwicklungshilfe vorgestellt. Der 15. Bericht bekräftigt die Kritik, daß die deutsche Hilfe (durch Einbeziehung der Schuldenerlasse und der Studienplatzkosten für Ausländer an deutschen Unis) künstlich hochgerechnet wird. Gefordert wird eine ehrlichere Statistik und ein Stufenplan zur Erhöhung der öffentlichen Leistungen, um das 0,7-%-Ziel pünktlich bis 2015 erreichen zu können. Die von der Bundeskanzlerin auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm angekündigten zusätzlichen Entwicklungshilfe-Gelder in Höhe von 750 Millionen Euro fänden sich zwar in den Haushaltsplanungen für 2008 wieder, doch die weitere Finanzplanung des Bundes geht von einer Fortschreibung dieser Summe aus. Ohne weitere Steigerungen werde die Bundesregierung nicht einmal die Verpflichtungen der EU-Länder bis 2010 erreichen, sagte Peter Mucke, Geschäftsführender Vorstand von terre des hommes, bei der Vorstellung des Berichts in Berlin.

Das stimmt. Ebenfalls in dieser Woche hat der Haushaltsausschuß des Bundestags den neuen BMZ-Haushalt (Einzelplan 23) abgesegnet, der 2008 auf 5,16 Mrd. € ansteigen wird. Zusätzlich eingetrübt wird das Bild aber dadurch, daß es deutsche Parlamentarier offensichtlich nicht lassen können, Duftmarken ihrer eigenen Engstirnigkeit in solchen Beschlüssen zu hinterlassen. Auf Antrag der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD wurde u.a. der Ansatz für die bilaterale finanzielle Zusammenarbeit um 18,7 Mio. € auf 1,41 Mrd. € gesenkt und beim Beitrag zum Europäischen Entwicklungsfonds sollen 13 Mio. € eingespart werden. Dafür sollen somit im kommenden Jahr noch 770 Mio. € zur Verfügung stehen. Eine Million Euro soll eingespart werden beim freiwilligen Beitrag an die Vereinten Nationen. Diese sollen noch 312,29 Mio. € betragen. Mehr ausgegeben werden soll hingegen unter anderem im Bereich der bilateralen technischen Zusammenarbeit. Hier sollen die Ausgaben um 20 Millionen Euro auf 730 Mio. € steigen.

Da stellt sich nicht nur die Frage nach den ungenügenden Steigerungssätzen der deutschen Hilfe, sondern auch die nach ihrer Verwendung: Müssen wir eigentlich immer mehr Geld für hochbezahlte, meiste deutsche „Experten“ ausgeben und immer weniger Finanzmittel über die UNO oder die EU laufen lassen?

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Die Frage nach dem Verhaeltnis bi- und multi-lateraler Entwicklungshilfe ist gerechtfertigt. Sie ist aber nicht nur eine Frage der Finanzvolumina - gerade im europaeischen Bereich muss man die Taetigkeitsbereiche anschauen und abgrenzen. Wenn man sich mal einen Moment die europaeische Entwicklungshilfe als EINEN Anbieter vorstellt, wird ganz deutlich, wieviel Verschwendung, Doppelarbeit und Reibungsverluste es da gibt.
Der Aufbau der europaeischen EZ-Ebene hat da bisher, soweit ich das erlebt habe, eben nur das getan: Eine Ebene hinzugefuegt. Wenig kreatives, wenig neues, wenig wegweisendes. Einfach nur eine andere EZ-Buerokratie erschaffen (siehe beispielhaft auch den Beitrag zur EIB in diesem Blog). Und, mit Verlaub gesagt: EZ-Buerokratie gibt es mehr als genug. Mit oder ohne EU. Ich muss leider sagen, dass in der Hinsicht auch die geschaetzte UNDP kein grosses Vorbild ist.
Ich plaediere daher fuer eine Debatte darueber, wie die nationalen EZ-ten der EU-Laender besser zu einer Gesamtkomposition gefuehrt werden koennen. Ja, ja, dazu gibt es einen Prozess der Geberharmonierung. Viel zu langsam, viel zu viel Schaufenster, viel zu wenig konkrete Bindung! Man sollte darueber nachdenken, den Ausbau der EU-EZ daran zu knuepfen, dass in dem Bereich mehr geschieht. Sonst liefert man mittelfristig all denen Munition, denen die ganze EZ ein Dorn im neoliberalen Auge ist.
Ein Ansatzpunkt koennte Budgethilfe sein: Man koennte z. B. das Instrument Budgethilfe ganz auf die EU konzentrieren, und feste Verhaeltnisse zwischen Budgethilfe und "anderer" EZ vereinbaren. Daraus wuerde sich letztlich fuer jedes Empfaengerland ein Gesamtrahmen an Zufluss aus der EU ergeben, INNERHALB dessen die verschiedenen bilateralen Programme dann ablaufen muessten. Zugleich haette das den Charme, bei der Budgethilfe eine einheitliche EU-Verhandlungslinie zu bekommen, und die EU-Ebene koennte sich durch innovative Gestaltung und Instrumente derselben profilieren.

Oliver Schmidt
www.oli-of-india.blog.de