Der Koalitionsvertrag als Lobbywerk
Ergebnisse erfolgreicher Lobbyarbeit erkennt die Umwelt- und Entwicklungsorganisation urgewald im Koalitionsvertrag der neu gebildeten schwarz-gelben Bundesregierung. In puncto Hermesbürgschaften trage der Vertrag eindeutig die Handschrift des Siemens-Konzerns. Nach dem Vertrag sind im Umweltbereich künftig die OECD-Umweltleitlinien alleiniger Maßstab bei der Prüfung von Anträgen auf Exportbürgschaften. Dies klinge nach einer harmlosen Vereinfachung von Verfahren, so eine urgewald-Sprecherin. Tatsächlich werde damit jedoch die deutsche Hermes-Umweltleitlinie abgeschafft, die bisher die Förderung von Atomexporten ausschließt. Siemens habe das nie gepasst und ie Koalitionäre nun erfolgreich lobbyiert zu haben.
Nutzen würde die atomare Exportförderung besonders dem geplanten Gemeinschaftsunternehmen aus Siemens und Rosatom, womit deutsche Exportförderung zukünftig bei der weltweiten Verbreitung russischer Atomreaktoren helfen würde. Gerade in den Ländern, die für mögliche Atomexporte in Frage kommen, wie Indien, China, Brasilien und einige Länder Osteuropas, sind Rahmenbedingungen wie Sicherheitsstandards und unabhängige Atomaufsicht sehr schwach, die Haftpflicht der Atomkraftwerksbetreiber ist begrenzt und Korruption sehr verbreitet, argumentiert urgewald. Zudem mahnt die Organisation, dass der Weg zur Atombombe meist über zivile Atomprogramme läuft. Den internationalen Ausbau der Atomenergie zu unterstützen, fördert damit gleichzeitig die internationale atomare Aufrüstung. Es gab bereits eine Hermesbürgschaft für den Atomreaktor Bushehr im Iran, der zum umstrittenen Atomprogramm des Landes gehört.
Auch in Bezug auf die Rüstungsexporte deutet das Kapitel zur Außenwirtschaftsförderung auf eine Lockerung der bislang eher restriktiven, wenngleich schon stark durchlöcherten deutschen Praxis. Zwar redet der Vertrag von einer „verantwortungsbewussten Genehmigungspolitik“ bei Rüstungsexporten, plädiert aber für die Gewährleistung „fairer Wettbewerbsbedingungen für die deutsche Wirtschaft“. Dazu solle die Harmonisierung mit der Genehmigungspolitik der anderen EU-Staaten „auf hohem Niveau angestrebt und auch die Praxis bei Dual-Use-Gütern angepasst werden.
Ausführliche Analysen der entwicklungspolitischen Aspekte des Koalitionsvertrags und der Perspektiven des BMZ unter Schwarz-Gelb finden sich >>> hier und >>> hier.
Abbildung: Spiegel-Titel von dieser Woche
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