23. August 2019

Gipfel in Biarritz: Die Krisen und die G7

Im Vorfeld des G7-Gipfels, der am Wochenende in Biarritz zusammenkommt, philosophierte der Gastgeber, der französische Präsident Emmanuel Macron, über die Krisen dieser Welt. Wir durchlebten derzeit eine „tiefe Krise der Demokratrie“, sagte er und fügte hinzu, es gebe auch eine „Krise des Kapitalismus“ und eine „Krise der Ungleichheit“. Eine „Krise der G7“ erwähnte er nicht. Da trifft es sich gut, dass Oxfam pünktlich zum Gipfel eine Studie herausgebracht hat – eine Handreichung gleichsam, die unter dem Titel The G7‘s Deadly Sins („Die sieben Totsünden der G7“) die Versäumnisse der G7 auf sieben wichtigen Politikfeldern benennt und aufzeigt, was die G7 tun müssen, um soziale Ungleichheit zu verhindern.


Die Ankündigung Macrons, den Kampf gegen soziale Ungleichheit zur Priorität auf dem kommenden G7-Gipfel zu machen, wird in der Tat ein Lippenbekenntnis bleiben, wenn die G7 ihre aktuelle Politik fortsetzen: Ungerechte Steuersysteme und schädliche Steuerpraktiken verhelfen Unternehmen und reichen Einzelpersonen zu drastischen Gewinnen, enthalten Entwicklungsländern aber wichtige Steuereinnahmen vor. Die Einnahmen fehlen den Entwicklungsländern, um sie in öffentliche Bildungs- und Gesundheitssysteme sowie soziale Sicherung zu investieren. Dies wäre aber dringend nötig, um Armut und Ungleichheit zu verringern und Geschlechtergerechtigkeit zu stärken, da Frauen und Mädchen derzeit den Löwenanteil an unbezahlter Pflege- und Sorgearbeit leisten.

Ein wichtiges Instrument gegen schädliche Steuerpraktiken ist Transparenz. Doch beispielsweise Deutschland treibt hier seit Jahren ein doppeltes Spiel: „Die Bundesregierung spricht sich für Steuertransparenz aus, blockiert aber in Europa nach Kräften eine Regelung, die Konzerne verpflichten würde, öffentlich zu berichten, in welchen Ländern sie wie viel verdienen und welche Steuern sie darauf zahlen“, kritisiert Oxfam. Zwar setzt sich Deutschland gemeinsam mit Frankreich international für Mindeststeuersätze ein, tut aber wenig dafür, dass deutsche Unternehmen in Entwicklungsländern tatsächlich höhere Steuern zahlen.

Auch beim Klimaschutz werden die G7-Länder (und keineswegs nur die USA) ihrer Verantwortung nicht gerecht. Keines der G7-Länder auch nur annähernd genug, um den Klimawandel zu begrenzen und arme Länder darin zu unterstützen, sich an die Folgen der Erderwärmung anzupassen. Dürren, Stürme und Überschwemmungen rauben bereits heute Millionen Menschen im Globalen Süden ihre Existenzgrundlagen und verschärfen dort Armut und Hunger. Die Verantwortung hierfür liegt klar bei den G7-Ländern, auf die ein Großteil der weltweiten CO2-Emissionen entfällt.
Auch Deutschland kommt seiner Verantwortung nicht ausreichend nach: „Statt das Pariser Abkommen in Deutschland umzusetzen, bremst die Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien, bekämpft in Brüssel wirksame Effizienzstandards für Autos und möchte, dass noch bis 2038 Kohlekraftwerke Treibhausgase in die Luft pumpen. Es sind vor allem die Ressorts Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft, die damit die Überhitzung der Atmosphäre weiter anfeuern“, kritisiert Oxfam.

Oxfam fordert von den G7-Staaten unter anderem, ein gerechtes Steuersystem zu schaffen, durch das Unternehmen und reiche Einzelpersonen ihren fairen Beitrag zum Gemeinwesen leisten. Die zusätzlichen Steuereinnahmen müssen in den Ausbau öffentlicher Systeme für Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung fließen sowie in höhere Entwicklungszusammenarbeit. Darüber hinaus müssen die G7-Länder ihre CO2-Emissionen drastisch verringern, mit dem Ziel, diese deutlich vor 2050 auf null zu bringen. Zudem müssen sie bis 2020 die versprochenen Klimahilfen für arme Länder in Höhe von 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr bereitstellen.

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