WEF 2009: Nichts Neues auf dem Zauberberg
Dass es keine einzige neue Idee gab beim diesjährigen World Economic Forum (WEF) in Davos, ist schon ein bemerkenswertes Armutszeugnis für eine Veranstaltung, die unter dem großspurigen Motto stand „Shaping the Post-Crisis World“ – „Die Welt nach der Krise gestalten“. Gewiss – die deutsche Bundeskanzlerin rief erneut dazu auf, einen Weltwirtschaftsrat zu schaffen, um die notwendige Überholung der globalen Wirtschaftsordnung zu überwachen; der UN-Generalsekretär forderte einen „New Green Deal“; und der Erfinder des WEF, Klaus Schwab, sprach in einem Interview von der notwendigen Transformation des Systems „vom Ego-Kapitalismus zum Öko-Kapitalismus“. Aber um diesen Forderungen, so sinnvoll sie im einzelnen sein mögen, eine Plattform zu bieten, hätte man das gigantische Forum mit seinen Rekord-Besucherzahlen nicht gebraucht. In der Welt waren sie schon vorher.
Überhaupt täuscht das Hantieren mit den Besucherzahlen (mehr als 40 Staats- und Regierungschefs zum Beispiel waren in Davos) über einen qualitativen Aspekt völlig hinweg: Besonders die Hauptklientel des WEF, die Supermanager der Banken und der Wirtschaft, waren entweder im Zuge der Finanzkrise von der Bildfläche verschwunden oder wollten dem befürchteten Manager-Bashing durch Fernbleiben entgehen – etliche jedenfalls. Und die, die gekommen waren, blieben eigenartig still, so dass die wenigen, die wie der US-Ökonom Nouriel Roubini die Krise rechtzeitig vorhersagten, mit neuen düsteren Prognosen in Davos endgültig zu den neuen Stars avancierten.
Überhaupt: Der „kreative Kapitalismus“ – so das von Bill Gates im letzten Jahr kreierte Schlagwort – ließ auf dem Zauberberg in diesem Jahr wohl mehr als zu wünschen übrig. Der Slogan mag dazu dienlich sein, gewisse Kapriolen des kapitalistischen Philanthropismus zu beweihräuchern. Wenn es um die Überwindung der systemischen Gebrechen des globalen Finanzsystems oder auch nur ihre Reparatur geht, taugt er nichts. So zeigte Davos in diesem Jahr vor allem, wie ratlos die kapitalistische Klasse heuer geworden ist. Sofern ihre Vertreter nicht darauf hoffen, dass alles bald schon wieder vorbei sein wird, setzen sie ihre Erwartungen in die Staaten. So gab das WEF in diesem Jahr den Regierungen und Governance-Institutionen seine Unterstützung, vor allem der G20, obwohl noch völlig offen ist, was auf deren Gipfel am 2. April in Londen herauskommen wird. Das wichtigste Ergebnis des diesjährigen Treffens sehen die WEF-Organisatoren allerdings darin, dass „trotz der ökonomischen Turbulenzen“ so viele gekommen waren, „um die Ernsthaftigkeit der globalen Herausforderungen zu reflektieren“, wie es im offiziellen Outcome-Papier heißt. Nun denn – der Zauberberg war früher einmal ein Sanatorium, vielleicht wird er ja künftig zur Psychotherapiestation.
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