Die Europäer vor dem G20-Gipfel: Gute Figur in Berlin
Auf ihrem Vorbereitungstreffen für den G20-Gipfel auf Einladung der deutschen Bundeskanzlerin haben die Europäer gestern in Berlin eine gute Figur gemacht. Das beginnt mit dem Bekenntnis, dass der Verschärfung der Regulierung der Finanzmärkte in der gegenwärtigen Situation Priorität zukommen müsse. Die Prinzipien, auf die sich Merkel, Sarkozy, Brown und andere dazu geeinigt haben, sind unbedingt unterstützenswert: Vor allem die umfassende Reichweite der Regulierung, die alle Finanzprodukte und alle Standorte und Juristiktionen (auch und vor allem die Steueroasen) umfassen muss, und die antizyklische Ausgestaltung der Rücklagesysteme der Banken sind von zentraler Bedeutung für jede künftige Finanzarchitektur.
In anderer Hinsicht ist die jetzt beschlossene europäische Position, wie sie in einer Zusammenfassung der Bundeskanzlerin nachzulesen ist, weniger überzeugend. Die Schaffung von Aufsichtskollegien für international agierende Banken, die bereits angegangen wurde, ist sicher ein erster Schritt, bleibt aber insgesamt sehr lückenhaft. Überhaupt scheuen sich auch die Europäer, nationale Regulierungskompetenzen an wirklich globale Instanzen abzugeben. Das Plädoyer für eine Stärkung des IWF und des Forums für Finanzstabilität (FSF) bezieht sich lediglich auf solche Institutionen, in denen die Dominanz der Industrieländer ungebrochen ist. Die Forderung nach Frühwarnsystemen haben wir seit der mexikanischen Pesokrise 1994 jetzt schon so oft gehört, dass man daran nicht mehr glauben mag.
Überhaupt die Rede von der Stärkung des IWF: Natürlich braucht der Fonds mehr Geld, wenn er im drohenden Crash – etwa in Osteuropa und diversen Ländern des Südens – besser helfen soll. Doch ist es mehr als voreilig, dem IWF diese Mittel blanko auszuhändigen (wie unlängst die Japaner), ohne dass damit Reformen der Vergabepolitik einhergehen. Die Doppelstandards des IWF sind bislang auch unter dem Sozialisten Dominique Strauss-Kahn ungebrochen: Wer kein IWF-Geld braucht, dem rät der Fonds zu antizyklischen Maßnahmen in der Wirtschaftspolitik; wer auf finanzielle Stützungsmaßnahmen angewiesen ist, der muss sich nach wie vor einer wirtschaftspolitischen Konditionalität unterwerfen, die eine antizyklische Politik erschwert, wenn nicht gar unmöglich macht. Zwar enthalten die Stand-by-Pakete der jüngsten Generation allesamt die Ermahnung zur Aufrechterhaltung sozialer Sicherheitsnetze. Doch sind die geforderten Haushaltskürzungen oft so drastisch, dass sie ohne Streichungen bei den Sozialausgaben gar nicht zu verwirklichen sind.
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