12. März 2013

Post-2015: Was heisst hier Good Governance?

Bei der jüngsten Konsultation zur Post-2015-Entwicklungsagenda der Vereinten Nationen, die kürzlich in Südafrika zum Thema „Governance“ stattfand, haben die NGOs bzw. „zivilgesellschaftliche Organisationen“ dafür plädiert, Good Governance als explizites Ziel in den Katalog der Entwicklungsziele für die Zeit nach 2015, wenn die Millennium-Entwicklungsziele (MDGs) auslaufen, aufzunehmen. Dies zeigt wie kaum etwas anderes, wie sehr die NGOs inzwischen in das System der offiziellen internationalen Entwicklungspolitik inkorporiert sind.

Der Begriff „Good Governance“ ist ein Kind der Systemwende von Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre. Unter Margaret Thatcher wurde er vom britischen Außenministerium in die Welt gesetzt, weil man die Chance witterte, sich nach dem Ende der Systemkonkurrenz sich der zwar bislang nützlichen, aber im Grunde genommen doch missliebigen Kollaborateure und Regime im Süden zu entledigen. Präzise definiert wurde der Begriff Good Governance seither nicht. Das hinderte ihn freilich nicht daran, zumal in entwicklungspolitischen Kreisen eine fulminante Karriere hinzulegen.

Umso erstaunlicher ist es, dass dieses Wischi-Waschi-Konzept jetzt auch großen Teilen der NGO-Community als wohlfeiles Catchword dient. Dabei ist das Konzept schlichtweg überflüssig: Wenn darunter die Forderung nach Einhaltung elementarer Menschenrechte verstanden wird, ist der Begriff ebenso wenig notwendig wie wenn es um die Garantie von Rechtsstaatlichkeit oder den Kampf gegen die Korruption oder die Herstellung von Transparenz geht. Alles dies sind höchst unterstützenswerte Anliegen, deren konkreter Inhalt aber leider verschwimmt, wenn über sie das Allerweltswort Good Governance gelegt wird, einmal ganz davon abgesehen, dass die Verhältnisse globaler Governance in der Regel gar nicht mehr erwähnt werden, wenn sich die Akteure auf die Missstände in nationalstaatlichen Zusammenhängen eingeschossen haben.

So wenig das Gerede von der Good Governance dazu taugt, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Transparenz zu befördern, so nützlich ist es freilich als Tarnkappe für andere Zwecke. Seit seiner Geburt wurde Good Governance abwechselnd als Synonym für die Einhaltung der neoliberalen Prinzipien des Washington Consensus oder als westlicher Kampfbegriff zur globalen Durchsetzung der Westminster-Demokratie genutzt. Einigen am Rande der eingangs erwähnten Konsultation über die Post-2015-Ziele fiel sogar auf, dass einflussreiche Politiker Good Governance einfach mit einer kruden Wachstumsstrategie gleichsetzen. Die NGOs sollten sich also in Acht nehmen und die Schlüsselbegriffe des herrschenden Diskurses nicht unbesehen nachplappern.

1 Kommentar:

gabriele köhler hat gesagt…

Die Warnung vor dem saloppen Umgang mit dem Kürzel von good governance in den derzeitigen Entwicklungsdebatten ist wichtig. Man/frau sollte, wie Rainer es vorschlägt, stattdessen die Prinzipien Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit explizit nennen. Aber ein drittes Prinzip wäre wichtig: Wohlfahrtsstaatlichkeit. Die Forderung nach einem Wohlfahrtsstaat ist komplexer, aber es geht darum, die Rolle des Staates zu thematisieren, anstatt bei hübschen Auflistungen der Ziele zu verharren. Dabei ginge es wohl um öffentliche Güter und Dienstleistungen höchster Qualität für alle, Verteilunggerechtigkeit inklusive Umverteilung und Sozialtransfers, und Beteiligung aller Anwohner – Bürger/Innen und Migrant/Innen und Asylant/Innen an der Entscheidungsfindung.