23. Mai 2012

Deutsche Solidaritaetsverweigerung in Europa: Wie lange noch?

Eurobonds, eine Bankfunktion für den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und ein neues Investitionsprogramm der Europäischen Investitionsbank (EIB) könnten Bausteine sein, um die Finanzkrise in Europa zu überwinden und den Kontinent aus der Rezession zu ziehen. Vor allem Eurobonds sind zurück auf der europäischen Agenda. Gestern hat sie selbst die OECD gut geheißen. Und auch die IWF-Chefin, Christine Lagarde, steht ihnen aufgeschlossen gegenüber. Mit dem Kommissionschef Baroso, dem italienischen Premier Monti und dem neuen französischen Präsidenten Hollande stehen einflussreiche Staatsmänner hinter dem Konzept.

Doch obwohl die Unterstützung für eine Politik der entschiedeneren Teilung der Krisenlasten in Europa inzwischen bis weit in den Mainstream reicht, verweigert sich die deutsche Bundesregierung unter Merkel konsequent. Die schlichte Ignoranz gegenüber dem sich wandelnden Mainstream, die in Berlin gepflegt wird, hat mit ökonomischem Dogmatismus zu tun, aber auch mit deutscher Zuchtmeisterei. Das zentrale Argument, das beispielsweise gegen Eurobonds vorgebracht wird, lautet, dadurch werde die „Disziplin“ untergraben, die brachialen Sparprogramme und Strukturreformen umzusetzen.

Dieser Einwand ist sehr verräterisch, zeigt er doch, dass die gegenwärtige Krise bewusst dazu genutzt wird, um bestimmte Veränderungen in den schwachen Euroländern des Südens durchzusetzen. Die Spardiktate treiben die betreffenden Länder jedoch nur noch weiter in die Krise. Und die neoliberalen „Strukturreformen“, die uns jetzt als neues Wachstumsprogramm präsentiert werden, bringen nichts außer niedrigen Löhnen und Sozialleistungen – Wachstum jedenfalls nicht, denn sie schnüren die Nachfrage weiter ab. Um diese Politik durchzusetzen, verweigert Deutschland den unter seiner Überschusspolitik leidenden Euroländern schlicht die Solidarität, ohne die einer Währungsunion nun einmal nicht denkbar ist. Die Frage ist nur: Wie lange noch lässt sich dies durchhalten? Noch steht ein Durchbruch auf europäischer oder internationaler Ebene aus. Aber die Ungeduld gegenüber den Berliner Störenfrieden wächst.

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