21. September 2010

Merkels Ergebnisorientierung

(New York) Die Franzosen, die Japaner und die derzeitige belgische EU-Präsidentschaft warben am zweiten Tag dieses Gipfels noch einmal intensiv für innovative Finanzierungsmechanismen und insbesondere die Finanztransaktionssteuer. Die Deutschen warben für eine erneute Mitgliedschaft Berlins im UN-Sicherheitsrat – und für mehr „Ergebnisorientierung“ und „Eigenverantwortung“ in der Entwicklungspolitik. Letzteres stand im Zentrum der Rede, mit der sich die Kanzlerin kurz vor ihrem Heimflug in der UN-Vollversammlung präsentierte.

Dass sich „Eigenverantwortung“ in Entwicklungspolitik und Entwicklungshilfe stets auf die Verantwortung der Empfängerländer bezieht, sich selbst aus dem Schlamassel von Unterentwicklung, Hunger und Armut herauszuhelfen, haben wir inzwischen verstanden. Dass die Armen nunmehr auch dafür verantwortlich sind, dass die großzügig gewährte Entwicklungshilfe handfeste und in der (westlichen) Öffentlichkeit vorzeigbare Ergebnisse bringt, das ist neu. Waren denn die Geber in über 50 Jahren so hilflos, dass sie nicht sicherstellen, dass ihre Hilfe für bestimmte Dinge und Projekte verwendet wird? Schrieben sie nicht bislang schon die Verwendung von Finanzmitteln bis ins Detail vor? Abgesehen einmal davon, dass rund die Hälfte der EZ-Mittel ohnehin für die sog. Technische Zusammenarbeit, also für die mehr oder weniger hohe Bezahlung der sog. ExpertInnen aus den (nördlichen) Geberländern, verwendet wurde und wird.

Sicher gab und gibt es so etwas wie Zweckentfremdung von EZ-Mitteln. Sicher gibt es (oft genug importierte) Korruption. Aber waren denn die Heerscharen von besser oder schlechter bezahlten „Entwicklungshelfern“ und „Experten“ so einfältig, naiv, schlecht vorbereitet oder sonst was, dass ihnen das Heft fast immer aus der Hand glitt? Sicherlich nicht. Die Rationalität des neuesten entwicklungspolitischen Catch Words „Ergebnisorientierung“ liegt woanders. Geradezu krampfhaft sucht die Schar der ideologischen Klopffechter nach neuen Legitimationssträngen, um begründen zu können, dass in den Zeiten der Krise und der fiskalischen Konsolidierung die Versprechen neuer und zusätzlicher Finanzmittel nicht aufrecht erhalten und eingehalten werden können bzw. sollen. Die neuen Worthülsen sind immerhin so praktisch, dass die Kanzlerin die vermeintlich harten ökonomischen Zwänge auf einem MDG-Gipfel gar nicht mehr erwähnen muss und weiterhin so tun kann, als stünde Deutschland zu seinen internationalen Verpflichtungen.

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