21. September 2010

Breitseite gegen Bilateralismus: Schaffen wir zwei, drei, viele Globale Fonds?

(New York) Während ein Regierungschef der Geberländer nach dem anderen hier die besonderen Leistungen und Qualitäten der eigenen Entwicklungshilfe anpreist, wartet heute der langjährige Berater des UN-Generalsekretärs, Jeffrey Sachs, mit einer Breitseite gegen das komplette System der bilateralen Hilfe auf. „Wir müssen die Fragmentierung bilateraler Programme durch eine neue Strategie ersetzen, die auf einer multilateral gepoolten Finanzierung beruht, mit klaren Zeitplänen, Zielen und Verantwortlichkeiten“, schreibt er in einem Kommentar für die Financial Times.

Die großen Versprechen der letzten Zeit, von Monterrey 2002 (Bekräftigung des 0,7%-Ziels) über Gleaneagles 2005 (Verdoppelung der Afrika-Hilfe bis 2010), l’Aquila 2009 (22 Mrd. Dollar Investitionen in die kleinbäuerliche Landwirtschaft) bis zu Kopenhagen 2009 (30 Mrd. Dollar über die nächsten drei Jahre für Klimaschutz und Anpassung) seien alle nicht eingehalten worden, weil sie dem Gutdünken bilateraler Geber überlassen worden seien, weil es keine klaren Mechanismen der Umsetzung und Kontrolle gegeben habe, ja, weil sich die Bilateralen ohnehin nicht richtig kontrollieren ließen und ein erbärmliches Schauspiel von Klein-Klein, zahllosen Einzelverhandlungen, Jagd nach Kontrakten für das eigene Business bis hin zur Verquickung mit Sicherheits- und Waffenexportinteressen böten.

So weit, so gut. Dem bilateralen Chaos setzt Sachs mit dem Globalen Fonds gegen AIDS, Tuberkulose und Malaria die Erfolgsgeschichte eine multilateralen, globalen Projekts entgegen, das systematische, steigende und verlässliche Hilfe biete und doch zu Unrecht chronisch unterfinanziert ist. Der Globale Fonds wird für Sachs zum Modell eines globalen Poolings von Finanzressourcen für Entwicklungszecke. In diese Richtung deutet für ihn auch die hier gestern vorgestellte neue Initiative des UN-Generalsekretärs zur Verbesserung der Müttergesundheit und zur Zurückdrängung der Kindersterblichkeit. Auch die Infrastrukturdefizite im Süden könnten nach Sachs durch einen globalen Finanzierungsmechanismus, etwa unter Einbeziehung der Weltbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank, besser angegangen werden.

Dennoch drängt sich der Einwand auf: So treffend die Polemik gegen den Hilfebilateralismus ist und so erfolgreich der Globale Fonds bislang sein mag – ein globaler Pooling-Gigantismus nach dem Motto „Schaffen wir zwei, drei, viele Globale Fonds“ macht noch keine entwicklungspolitische Gesamtstrategie aus. Hier heißt es auch bei Sachs: Fehlanzeige. Wie sollte es auch anders sein? Schließlich ist der ungeduldige Professor ein eingefleischter Anhängiger der MDG-Politik. Und die steht nun einmal für Sektoralismus und Zielgruppenorientierung und nicht für eine neue Entwicklungsstrategie.

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