LuxLeaks-Urteile: Profitinteressen vor Gemeinwohl
Die heute verkündeten Urteile im LuxLeaks-Prozess werfen ein dunkles
Licht auf das Großherzogtum. Einige mögen argumentieren, die zur Bewährung
ausgesetzten Freiheitsstrafen (12 Monate für den ehemaligen
PricewaterhouseCoopers-Mitarbeiter Antoine Deltour plus 1500 EUR Bußgeld; 9
Monate für den Ex-PwC-Mitarbeiter Raphael Halet und Freispruch für den
Journalisten Antoine Perrin) seien milde Urteile. Es geht jedoch nicht um das
Strafmaß, sondern ums Grundsätzliche. Die Verteidigung hatte argumentiert,
Deltour hatte mit der Veröffentlichung der LuxLeaks-Dokumente im Interesse des
Allgemeinwohls gehandelt. Es ging schließlich um Transparenz in einem der
wichtigsten Wirtschaftszweige Luxemburgs. Das jetzige Urteil besagt somit, dass
ein Gericht Steuervermeidungs- und Profitinteressen multinationaler Unternehmen
(MNU) über das Gemeinwohl stellt.
Im Großteil der veröffentlichten Meinung Luxemburgs wird der
Prozess gegen die Whistleblower als eine Art Nachspiel zu einer Affäre dargestellt,
die der Vergangenheit angehört. Doch das ist falsch. Nirgendwo ist inzwischen
belegt, dass die Sonderbedingungen, die MNU in Luxemburg eingeräumt wurden,
inzwischen abgeschafft wurden. Das Land ist nach wie vor eine Profit- und
Steuervermeidungsdrehscheibe für MNU. Seit Jahren lockt Luxemburg (im Vergleich
zu seiner Wirtschaftsleistung extrem unverhältnismäßig hohe ausländische
Direktinvestitionen an. Der neue Weltinvestitionsreport der UN-Konferenz für
Handel und Entwicklung (UNCTAD), der die Steuervermeidungspraktiken der MNU untersucht,
enthält eine Tabelle, die die Erträge von Auslandsfilialen in Prozent des BIP
des Gastlandes auflistet. In Luxemburg beliefen sich diese im letzten Jahr auf
über 114%. Höhere Werte wiesen nur die klassischen Steuerparadiese Cayman-Inseln
und Bermudas auf (mehr dazu demnächst in >>> W&E 06/2016).
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