EU-Gipfel: Migrationsabwehr im Schatten des Brexit?
Die Europäische Union muss den aktuellen
Vorschlag der EU-Kommission zur Migrationsabwehr stoppen. Das fordern heute mehr
als 100 Nichtregierungsorganisationen in einer gemeinsamen Erklärung zum
morgigen EU-Gipfel, darunter Amnesty International, Ärzte der Welt, Care
International, Handicap International, Save the Children, Oxfam und World
Vision. Die EU verschreibe ihre Außenpolitik dem einzigen Ziel, Migration
einzudämmen und untergrabe damit ihre Glaubwürdigkeit und Autorität bei der
Verteidigung von Menschenrechten. Die Organisationen fordern von den politisch
Verantwortlichen in der EU, den Kommissionsvorschlag abzulehnen.
Konkret sieht der Plan vor, Handelsbeziehungen,
Entwicklungshilfegelder und andere Finanzmittel dafür einzusetzen, dass
Drittländer MigrantInnen daran hindern, Europa zu erreichen. Den Vorschlag, den
die Kommission Anfang Juni vorgelegt hat, werden die Staats- und
Regierungschefs bei ihrem Gipfel in Brüssel diskutieren. Blaupause für den Plan
ist das Abkommen zwischen der EU und der Türkei, durch das Tausende Menschen
unter entwürdigenden und menschenverachtenden Bedingungen in Griechenland
festsitzen. Kinder sind besonders hart betroffen: Viele Hundert unbegleitete
Minderjährige werden in haftähnlichen Einrichtungen festgehalten oder müssen in
Polizeizellen schlafen.
Der NGO-Koalition zufolge torpediere die Europäische Union
mit dem Vorhaben ihre menschenrechtsbasierte Außenpolitik und beschädige
weltweit das Recht auf Asyl. Der Plan beinhalte keine Vorkehrungen, die
Menschenrechte, rechtsstaatliche Standards und Schutzmaßnahmen gewährleisten.
Die Gefahr sei groß, dass es im Zuge von Abkommen mit Regierungen zur
Migrationsabwehr zur Verletzung internationalen Rechts kommt. Denn dieses
verbiete, Menschen in Länder zurückzuweisen, in denen ihnen Gefahr für Leib und
Leben droht. „Pflichten und Verantwortlichkeit zur Wahrung der Menschenrechte
enden nicht an Europas Grenzen“, heißt es in der Erklärung.
Der Kommissionsvorschlag ignoriert zudem alle Belege dafür,
dass Abschreckung Migration nicht stoppt, sondern nur verlagert. Die
EU-Migrationspolitik werde das Geschäftsmodell der Schleuser nicht zerschlagen,
aber das Leid schutzsuchender Menschen vergrößern, die gezwungen sind, noch
gefährlichere Routen nach Europa zu nehmen. Die NGOs zeigen sich äußerst
besorgt, dass der Kommissionsplan insgesamt eine Neuorientierung bei der
Verwendung von Entwicklungshilfemitteln einleitet, die künftig dafür eingesetzt
werden könnten, Migration zu stoppen. „Dies widerspricht auf inakzeptable Weise
dem Bekenntnis der EU, dass Entwicklungszusammenarbeit das Ziel verfolgt, Armut
zu überwinden“, heißt es in der Erklärung.
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