20. Juni 2012

Wachsende Legitimitätsprobleme der G20

Bestritten wurde die Legitimität der G20, seit sie sich vor dem Hintergrund der Finanzkrise 2008 auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs gebildet hatte, schon immer. Zwar repräsentieren die 20 Länder ein beachtliches Wirtschafts- und Bevölkerungspotential. Aber die Mehrheit der Staaten (in der UNO die G192) fühlte sich nie vertreten von diesem selbsternannten „ersten Forum der wirtschaftspolitischen Koordinierung“. Das Repräsentationsproblem wurde auf den ersten Gipfeltreffen von Washington, London und Pittsburgh allerdings teilweise dadurch kompensiert, dass die Beschlüsse ein energisches Handeln erkennen ließen. Auch außerhalb der G20 wurde anerkannt, dass die dort geschnürten Stimulus-Pakete ein entscheidender Beitrag dazu waren, die Weltwirtschaft vor dem Abrutschen in eine zweite Große Depression zu bewahren.

Mit den „Ergebnissen“ von Los Cabos dürfte die Zeit definitiv vorbei sein, in der die G20 solcherlei „Output-Legitimität“ für sich reklamieren konnte. Nichts belegt dies mehr als die beiden Hauptdokumente der Konferenz, die Leaders Declaration und der Los Cabos Growth and Jobs Action Plan, die sich gegenüber den entsprechenden Dokumenten des Gipfels von Cannes wie notdürftig modifizierte und fortgeschriebene Recycling-Produkte ausmachen. Dabei hatte die Situation, in der der Los-Cabos-Gipfel stattfand, durchaus Züge jenes „Lehman-Moments“, der 2008 zum Handeln aufrüttelte: „Die düstere Stimmung, die die früheren Gipfel von Washington, London und Cannes umgab, ist zurück“, textete die Financial Times durchaus zutreffend.

Die Beschlüsse von Los Cabos dürften wenig dazu beitragen, dass sich die Stimmung wieder aufhellt. Wohl rang die G20 ihren europäischen Mitgliedern das Bekenntnis ab, „alle notwendigen politischen Maßnahmen“ zu ergreifen, um eine Implosion der Eurozone zu verhindern und weitere Schritte der finanziellen Integration in Europa zu gehen. Aber ob die europäische Schuldenkrise, die derzeit größte Bedrohung für die Weltwirtschaft gelöst wird, hängt eben ganz von den europäischen Regierungen ab. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz hatte den G20 (und vor allem den Europäern) kurz vor dem Gipfel noch einmal zentrale Prinzipien ins Stammbuch geschrieben, die auf dem Weg aus der Krise hilfreich sein können (>>>Eine Alternative Agenda für die G20). Ein Vergleich mit den Beschlüssen von Los Cabos zeigt, wie weit die wirtschaftspolitischen Ansätze inzwischen auseinander liegen. Dabei war Stiglitz immerhin einmal oberster Wirtschaftsberater der US-Regierung und Chefökonom der Weltbank.

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