IWF-Spitze: Entscheidend ist die politische Orientierung
Gastkommentar von Gabriele Köhler*)
Die Auswahl des nächsten Geschäftsführenden Direktors des IWF muss transparent von statten gehen. Die meisten Kommentatoren stimmen darin überein, dass das entscheidende Auswahlkriterium die fachliche Qualifikation sein muss. Doch die wirklich wichtige Frage ist viel kontroverser: die politische Orientierung und Konzeption des Geschäftsführenden Direktors.
In dieser Zeit der wieder erstarkenden Austeritätspolitik kommt es darauf an zu diskutieren, wie aus dem IWF eine Institution gemacht werden kann,die – im Einklang mit den Gründungsintuitionen von 1944 – die Ausrottung der Armut, Beschäftigung, menschenwürdige Arbeit und die Regulierung der Finanzflüsse wieder zu ihrem Leitbild macht. Als Ziel legt die IWF-Satzung fest, „die Expansion und das ausgewogene Wachstum des internationalen Handels zu erleichtern und damit zur Förderung und Aufrechterhaltung eines hohen Beschäftigungs- und Realeinkommensniveaus sowie zur Entwicklung der produktiven Ressourcen aller Mitglieder als vorrangiges Ziel der Wirtschaftspolitik beizutragen“ (Artikel I, Punkt 2).
In diesem Sinne ist es lebenswichtig zu diskutieren, wie die „Operationslogik“ des IWF so verändert werden kann, dass er Regierungen – in Nord und Süd – dazu befähigt, ihre Haushalts- und Ausgabenpolitik auf Ausgaben im Bildungs- und Gesundheitssektor, in sozialer Unterstützung, Sozialversicherung und sozialer Sorge umzuorientieren und sicherzustellen, dass diese Dienstleistungen und Transfers von hoher Qualität sind und allen BürgerInnen – und Migranten – garantiert werden. Es ist entscheidend, dass der IWF seine Stabilisierungsmechanismen für Rohstoffpreise nutzt, um auf globaler, regionaler und nationaler Ebene die Nahrungsmittelpreise zu regulieren. Es käme darauf an, dass der IWF die schüchternen Ansätze der Steuerverwaltung und –gerechtigkeit vertieft und diese zu tiefgreifenden Reformen im Sinne einer progressiven Besteuerung weiter entwickelt, um die Länder in die Lage zu versetzen, eine hohe Qualität sozialer Leistungen für alle – wie seit den 1940er Jahre versprochen – sicherzustellen und auch innovative Ideen wie die soziale Grundsicherung („social protection floor“) umzusetzen. Damit dies möglich wird, muss auch das Konzept der nachhaltigen Verschuldung neu definiert werden, und zwar in qualitativer Hinsicht statt in rein quantitativer Fixierung auf künstliche Verschuldungsgrenzen.
Die Wahl eines neuen Geschäftsführenden Direktors beim IWF ist eine gute Gelegenheit, eine solche politische Neuorientierung voranzutreiben: Viele Schwellenländer, z.B. Brasilien, Mexiko, Südafrika oder Indien, verfolgen eine progressive sozio-ökonomische Politik und zeigen, wie staatliche Defizite sinnvoll und nachhaltig eingesetzt werden können, wenn die Ausgaben für soziale Güter und Dienstleistungen verwendet werden und das Leben von Millionen Menschen in diesen Ländern verändern. Sie haben demonstriert, wie soziale Ausgaben, wie Sozialhilfe, die Subventionierung von Nahrungsmittelpreisen, Schulspeisungen oder Beschäftigungsprogramme, nach der Krise auch wirtschaftliches Wachstum erleichtern können. Sie könnten diese Erfahrungen mit Süd und Nord teilen.
So könnte ein neuer Geschäftsführender Direktor aus dem Süden den politischen Fortschritt fördern, vorausgesetzt er oder sie steht für diesen neuen, sozial orientierten Diskurs und kann die Mitglieder des IWF in diese Richtung lenken. Ein Geschäftsführender Direktor aus dem Norden oder dem Osten, der einen politischen Ansatz menschlicher Entwicklung vertritt, wäre gleichermaßen gut, solange er oder sie den Interessen des globalen Südens verpflichtet ist und die Mitgliedsstaaten in die Richtung progressiver politischer Entscheidungen führen würde.
*) Gabriele Köhler ist Visiting Fellow am Institute of Development Studies (IDS) in Sussex, Großbritannien.
Die Auswahl des nächsten Geschäftsführenden Direktors des IWF muss transparent von statten gehen. Die meisten Kommentatoren stimmen darin überein, dass das entscheidende Auswahlkriterium die fachliche Qualifikation sein muss. Doch die wirklich wichtige Frage ist viel kontroverser: die politische Orientierung und Konzeption des Geschäftsführenden Direktors.
In dieser Zeit der wieder erstarkenden Austeritätspolitik kommt es darauf an zu diskutieren, wie aus dem IWF eine Institution gemacht werden kann,die – im Einklang mit den Gründungsintuitionen von 1944 – die Ausrottung der Armut, Beschäftigung, menschenwürdige Arbeit und die Regulierung der Finanzflüsse wieder zu ihrem Leitbild macht. Als Ziel legt die IWF-Satzung fest, „die Expansion und das ausgewogene Wachstum des internationalen Handels zu erleichtern und damit zur Förderung und Aufrechterhaltung eines hohen Beschäftigungs- und Realeinkommensniveaus sowie zur Entwicklung der produktiven Ressourcen aller Mitglieder als vorrangiges Ziel der Wirtschaftspolitik beizutragen“ (Artikel I, Punkt 2).
In diesem Sinne ist es lebenswichtig zu diskutieren, wie die „Operationslogik“ des IWF so verändert werden kann, dass er Regierungen – in Nord und Süd – dazu befähigt, ihre Haushalts- und Ausgabenpolitik auf Ausgaben im Bildungs- und Gesundheitssektor, in sozialer Unterstützung, Sozialversicherung und sozialer Sorge umzuorientieren und sicherzustellen, dass diese Dienstleistungen und Transfers von hoher Qualität sind und allen BürgerInnen – und Migranten – garantiert werden. Es ist entscheidend, dass der IWF seine Stabilisierungsmechanismen für Rohstoffpreise nutzt, um auf globaler, regionaler und nationaler Ebene die Nahrungsmittelpreise zu regulieren. Es käme darauf an, dass der IWF die schüchternen Ansätze der Steuerverwaltung und –gerechtigkeit vertieft und diese zu tiefgreifenden Reformen im Sinne einer progressiven Besteuerung weiter entwickelt, um die Länder in die Lage zu versetzen, eine hohe Qualität sozialer Leistungen für alle – wie seit den 1940er Jahre versprochen – sicherzustellen und auch innovative Ideen wie die soziale Grundsicherung („social protection floor“) umzusetzen. Damit dies möglich wird, muss auch das Konzept der nachhaltigen Verschuldung neu definiert werden, und zwar in qualitativer Hinsicht statt in rein quantitativer Fixierung auf künstliche Verschuldungsgrenzen.
Die Wahl eines neuen Geschäftsführenden Direktors beim IWF ist eine gute Gelegenheit, eine solche politische Neuorientierung voranzutreiben: Viele Schwellenländer, z.B. Brasilien, Mexiko, Südafrika oder Indien, verfolgen eine progressive sozio-ökonomische Politik und zeigen, wie staatliche Defizite sinnvoll und nachhaltig eingesetzt werden können, wenn die Ausgaben für soziale Güter und Dienstleistungen verwendet werden und das Leben von Millionen Menschen in diesen Ländern verändern. Sie haben demonstriert, wie soziale Ausgaben, wie Sozialhilfe, die Subventionierung von Nahrungsmittelpreisen, Schulspeisungen oder Beschäftigungsprogramme, nach der Krise auch wirtschaftliches Wachstum erleichtern können. Sie könnten diese Erfahrungen mit Süd und Nord teilen.
So könnte ein neuer Geschäftsführender Direktor aus dem Süden den politischen Fortschritt fördern, vorausgesetzt er oder sie steht für diesen neuen, sozial orientierten Diskurs und kann die Mitglieder des IWF in diese Richtung lenken. Ein Geschäftsführender Direktor aus dem Norden oder dem Osten, der einen politischen Ansatz menschlicher Entwicklung vertritt, wäre gleichermaßen gut, solange er oder sie den Interessen des globalen Südens verpflichtet ist und die Mitgliedsstaaten in die Richtung progressiver politischer Entscheidungen führen würde.
*) Gabriele Köhler ist Visiting Fellow am Institute of Development Studies (IDS) in Sussex, Großbritannien.
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