10. Mai 2011

LDC-IV: Trauerspiel in drei Akten


„Diese Länder erregen nicht die Aufmerksamkeit der Welt, es sei denn sie sind in einen Konflikt verwickelt oder sie werden durch Naturkatastrophen verwüstet.“ Die Rede ist von jenen 48 am wenigsten entwickelten Ländern der Welt (LDCs), über die seit gestern eine IV. UN-Konferenz (LDC-IV) stattfindet, die wie die drei Vorgängerkonferenzen (1981 und 1990 in Paris und 2000 in Brüssel) das Schicksal dieser Ländergruppe in der Weltwirtschaft verbessern soll. Und in der Tat nahm bislang kaum ein Medium von der Tagung in Istanbul Notiz, keine deutsches zumal, weder die FAZ noch die taz, weder die Süddeutsche Zeitung noch die Frankfurter Rundschau.

Doch die arrivierten Massenmedien sind nur die eine Seite des LDC-IV-Trauerspiels. Die zweite Seite ist die Politik, vor allem die der Industrieländer im Vorbereitungsprozess der Konferenz. Diese nahmen dort von vorneherein eine „minimalistische“ Position ein, die das jetzt vorliegende Outcome-Dokument bis zur Belanglosigkeit verstümmelte, um es vorsichtig auszudrücken. Man könnte auch, wie der ehemalige Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen, Anwarul K. Cowdhury, in einem Kommentar, von einer 4-D-Strategie der westlichen „Entwicklungspartner“ sprechen, die im Abstreiten („deny“), Verwässern („dilute“), Verzögern („delay“) und Spalten („divide“) bestand.

Im Trauerspiel um die ärmsten Länder gibt es aber noch eine dritte Seite, und für die sind Teile der UN-Bürokratie verantwortlich, vor allem um den Generalsekretär Ban Ki-moon herum. Erst wurde der Vorbereitungsprozess von UNCTAD (die über ausgewiesene Kompetenz in LDC-Fragen verfügt) in Genf weg ins UN-Hauptquartier nach New York geholt. Dann berief Ban Ki-moon, der die Verbesserung des Schicksals der „bottom billion“ einst zum Schwerpunkt seiner zweiten Amtszeit machen wollte, eine Kommission aus „Eminent Persons“, denen jedes Verständnis und Engagement für die LDCs abging. Entsprechend substanzlos war denn auch ihr Bericht, der im März zwar das Licht der Welt erblickte, aber jegliche Impulse für den Vorbereitungsprozess vermissen ließ.

Auch wenn es interessante Einzelinitiativen im Vorbereitungsprozess gab – etwa den neuen LDC-Report von UNCTAD mit der Forderung nach einer Neuen Internationalen Entwicklungsarchitektur oder einen NGO-Report, der danach fragt, wie die LDCs aus ihrer untergeordneten und peripheren Rolle in der Weltwirtschaft entkommen können – nach diesem Vorspiel ist die Konferenz in Istanbul kaum noch zu retten. Umso wichtiger, wenigstens die neuen Ideen an ihrem Rande wahrzunehmen: >>> W&E-Dossier LDC-IV in Istanbul.

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