Attac-Bankentribunal urteilt wie erwartet
Die Richterinnen und Richter des Attac-Bankentribunals an diesem Wochenende haben die Anklage in wichtigen Punkten bestätigt. In ihrem in der Berliner Volksbühne verkündeten Urteilsspruch stellten sie fest:
"Die Jury kommt zu der Überzeugung, dass die Finanzkrise nicht wie eine Naturgewalt über die deutsche Wirtschaft hereingebrochen ist. Es gibt klare Verantwortliche. Dazu gehört die Politik, hier vertreten durch Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Durch ihre Arbeitsmarkt-, Sozial- und Finanzpolitik haben sie dazu beigetragen, dass sich die Finanzmärkte von der Realwirtschaft ablösen konnten und hochriskante Spekulationsgeschäfte möglich wurden. Sie haben wiederholt die öffentlichen Interessen an private ausgeliefert. Sie haben die Demokratie untergraben. Sie haben die Gläubiger geschont und nicht für die Kosten der Bankenrettung herangezogen. Sie haben die Milliardensummen den öffentlichen Haushalten aufgebürdet. Sie setzen sich nicht entschieden für die überfällige Regulierung der Finanzmärkte ein. Sie lassen es ferner geschehen, dass Milliarden von Menschen im globalen Süden noch tiefer in Armut gestützt werden.
Die Jury widerspricht den Banken, hier vertreten durch Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann, sie seien nur 'Getriebene der Märkte'. Vielmehr haben sie durch ihr bedenkenloses Gewinnstreben den Grundsatz grob verletzt, dass 'Eigentum verpflichtet' und auch dem Wohl der Allgemeinheit zu dienen hat."
In ihrer Urteilsbegründung monierten die Richter insbesondere, dass die Profiteure der Staatshilfen nicht angemessen an den Rettungsaktionen beteiligt wurden und die Gläubiger der Banken bisher gar keinen Beitrag leisten mussten. Der derzeitigen Bundesregierung sei vor allem anzulasten, dass noch immer keinerlei Regulierung der Finanzmärkte erfolgt sei. Zwar der Einwand der Verteidigung berechtigt, dass die Einflussmöglichkeiten Deutschlands in internationalen Gremien begrenzt sind. Dennoch trage die derzeitige Bundesregierung eine Mitschuld, dass die internationale Finanzmarktregulierung nur schleppend in Gang kommt. "Kanzlerin Merkel ist erkennbar bemüht, die Standortinteressen der deutschen Kreditinstitute zu verteidigen", heißt es in der Begründung. So habe etwa der Zeuge Sven Giegold als Mitglied des Europaparlaments glaubhaft belegen können, dass Deutschland eine stärkere Bankenaufsicht auf europäischer Ebene verhindert und eine bessere Regulierung von Hedge-Fonds blockiert hat.
Das Gericht folgte auch der Darstellung des Zeugen Harald Schumann, dass bei der Rettung der Hypo Real Estate unnötig Steuergelder verschwendet wurden, weil das Bundesfinanzministerium trotz bekannter Liquiditätsengpässen keinerlei Notfallplan aufgestellt hatte. Zudem sei es falsch gewesen, die Fusion von Commerzbank und Dresdner Bank zuzulassen und mit Steuermitteln zu finanzieren. "Die Aufgabe der Bundesregierung wäre es gewesen, kleinere Banken zu schaffen, statt gigantische Zusammenschlüsse zu organisieren", stellten die Richter fest.
Als Gänzlich unvereinbar mit demokratischen Grundsätzen bezeichnete die Jury, dass selbst von Regierungsseite manche Finanzakteure als "too big to fail" angesehen werden. Dies konstatiere einen unerträglichen Zustand staatlicher Ohnmacht, der mit dem Demokratieprinzip unvereinbar sei. "Daraus folgt der zwingende Beweis für die Notwendigkeit der Zerschlagung solcher Institute", heißt es in der Urteilsbegründung.
Das Urteil im (vorläufigen) Wortlaut findet sich >>> hier.
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