Mr. Gloom: 4.100.000.000.000 Dollar
Wenn US-Starökonom Nouriel Rubini „Dr. Doom“ („Unheil“) ist, wie die New York Times formulierte, dann ist der Geschäftsführende Direktor des IWF, Dominique Strauss-Kahn, „Mr. Gloom“ („düster“). Kaum eine Institution korrigiert derzeit die Wirtschaftsprognosen so scharf nach unten wie der Internationale Währungsfonds. Vorgestern noch schätzte der Fonds in seinem neuesten Financial Stability Report die Verluste von Banken und anderen Finanzinstituten im Zuge der jüngsten Finanzkrise auf 4.100 Mrd. Dollar. Dabei hatte der US-Finanzminister gerade erst erklärt die Kapitalausstattung der Banken sei gut. Von den bis 2010 erforderlichen Abschreibungen von 4.100 Mrd. dürften laut IWF 2.700 Mrd. auf die US-Banken (fast doppelt so viel wie der Fonds im letzten Oktober schätzte), der Rest auf europäische und japanische Banken entfallen.
Dramatisch sind auch die neuen Wachstumszahlen, die gestern im World Economic Outlook veröffentlicht wurden. Für das laufende Jahr rechnet der Fonds mit einem Rückgang des globalen Outputs von 1,3% - ein Beleg für die „tiefste Rezession seit der Großen Depression“, wie der Bericht kommentiert. Ungleich stärker geht die Wirtschaftsleistung in den USA (-2,8) und der Eurozone (-4,2) zurück, Zahlen die die krampfhafte Suche vieler Ökonomen nach ersten Anzeichen für den Aufschwung oder die windelweiche Prognose der Europäischen Zentralbank (-1,7%) Lügen strafen. Für 2010 sollen die Zahlen zwar wieder in den positiven Bereich gehen, aber der IWF rechnet mit einer langen Phase, in der das Wachstum allenfalls auf niedrigem Niveau vor sich hindümpeln wird.
Die pessimistischen Zahlen des IWF sind ein spektakulärer Curtain-Raiser für die am Wochenende in Washington stattfindende Frühjahrstagung. Der Stern der beiden Bretton-Woods-Zwillinge befindet sich zwar spätestens seit der G20-Konferenz Anfang April wieder auf aufsteigender Bahn. Doch er leuchtet keineswegs. Youssef Boutros-Ghali, der neue ägyptische Vorsitzende des IWF-Wirtschafts- und Finanzausschusses (IMFC) befürchtet sogar, dass die Reformversprechen des Londoner Gipfels, so die Erhöhung des Gewichts des Südens im Fonds, angesichts der Konzentration auf die Wiederankurbelung der Weltkonjunktur den Bach runter könnten – von der überfälligen Konditionalitätsreform ganz zu schweigen. Die Befürchtungen treffen sich mit der Diagnose des Washingtoner Centres for Economic and Policy Research (CEPR). In einer rechtzeitig zur Frühjahrstagung herausgebrachten Studie stellt der linke Think-Tank fest: Die in letzter Zeit verabreichten Rettungspakete des IWF enthalten immer noch viel von der wirtschaftlich schädlichen Strukturanpassungsmedizin, die die Krise der Klienten verschärft statt zu beheben.
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