1. April 2009

Vor dem Gipfel: Willkommen in der multilateralen Welt!

Der Tag vor dem eigentlichen Gipfel war doch noch mal – stärker als nach den Besänftigungen der letzten Tage erwartet – ein Tag der Positionierung. Auffallend, wie stark die Hauptlinien von den alten Industrieländern bestimmt wurden. Da machten Gordon Brown und Barack Obama auf Einheit – man wolle den gemeinsamen Kampf gegen die Krise. Ganz anders die neue französische-deutsche Achse Nicolas Sarkozy und Angela Merkel, die ungewöhnlich offen (und öffentlich) das bislang ausgehandelte Kommuniqué als zu lasch kritisierten und auf stärkere Positionen in Sachen Finanzmarktregulierung drängten: Jawohl, sie wolle die Welt verändern, so Merkel, und Sarko drohte schon mal mit Abreise. Der Gegensatz zwischen der angelsächsischen Weltsicht und dem sozialen Europa war wieder voll da.


Alles nur Klamauk vor dem eigentlichen Gipfel? Mit Bestimmtheit lässt sich das für die Demonstrationen und Scharmützel der Globalisierungsgegner heute in der Londoner Innenstadt sagen (wobei wir den Begriff „Globalisierungsgegner“ hier ausnahmsweise mal benutzen, obwohl er uns ansonsten zuwider ist). Die Ironie dieser Aktionen besteht darin, dass sie sich gegen eine Zusammenkunft von Staats- und Regierungschefs richten, die zwar immer noch ein Legitimationsproblem haben, weil sie faktisch eine von den G7 eingeleitete Erweiterung des alten elitären Kreises sind. Aber dennoch sind sie nicht einfach dasselbe wie die alte G7 oder G8, sondern ein Gremium, das auch die Sprecher der Dritten Welt nutzen, seien es nun Lula aus Brasilien oder Cristina Kirchner aus Argentinien, der chinesische Präsident oder der äthiopische Regierungschef als derzeitiger Sprecher der Afrikanischen Union.

„G20 – Willkommen in der multipolaren Welt“, textete da unser Autor Mark Weisbrot heute im Guardian. Und er hat Recht. Was derzeit passiert, ist der Wandel des Ad-hoch-Ausschusses zur Regierung der Welt, wie die G8 einmal genannt wurden. Das Neue kommt nicht im Christkindchenshemd eines Ernesto Cardenal, sondern als realpolitischer Prozess auf der Basis einer neu gewichteten weltwirtschaftlichen Kräftekonstellationen. Aber neu und Fortschritt ist es allemal.

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