25. Juni 2019

100 Jahre ILO: Erneuerung des Gesellschaftsvertrags

Es ist nichts Ungewöhnliches, wenn ein Ereignis der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) von den Medien nicht die ihm gebührende Aufmerksamkeit erhält. Das betrifft sogar den 100. Jahrestag, der in der letzten Woche in Genf begangen wurde. Dabei ist die ILO die einzige Organisation der UN-Familie, die eine Tripartite-Struktur aufweist, an der die Vertreter der internationalen Gewerkschaftsbewegung, der Arbeitsgeber und der Staaten gleichberechtigt beteiligt sind. Die Konferenz zum 100. Jahrestag ging mit der Annahme zweier Instrumente zu Ende, einer Jahrhundert-Erklärung zur Zukunft der Arbeit und einer neuen Internationalen Konvention gegen Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz.


Die Jahrhundert-Erklärung enthält die historische Verpflichtung zur Verwirklichung einer Zukunft der Arbeit, in deren Mittelpunkt der Mensch steht und die sich an dem Gesellschaftsvertrag orientiert, der das Gründungsmandat der ILO enthielt. Die Deklaration stellt eine Agenda der Rechte und des Schutzes für alle ArbeiterInnen dar, in einer Zeit mit enormen Herausforderungen wie dem Klimawandel und der digitalen Revolution sowie einen Sockel sozialer Sicherung für alle ArbeiterInnen. Letzteres schließt hunderte von Millionenen Arbeiter ein, die in der informellen Ökonomie arbeiten müssen oder deren Arbeitsplätze unsicher, gefährlich und unterbezahlt sind. Dazu gehören auch ausbeuterische Lieferketten und die wachsende Zahl von Plattform-Unternehmen.

Ein ähnlicher Meilenstein ist die Konvention gegen Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz, die erste Konvention seit der Verabschiedung der Konvention zum Schutz der Hausangestellten vor einigen Jahren. Sie ist der krönende Abschluss einer mehrjährigen Kampagne und rechtlich verbindlich, sobald die Regierungen sie ratifiziert haben. Sie garantiert, dass die Welt frei sein muss von Gewalt und Belästigung und gibt den Forderungen von Millionen Beschäftigten, vor allem Frauen, neuen Schwung. Sie folgt einem inklusiven Ansatz, der den Schutz auf alle Beschäftigten ausdehnt, ungeachtet ihres vertraglichen Status, darunter auch auf Leitungspersonal und Unternehmer sowie Arbeitsplatzsuchende, Auszubildende, Praktikanten, Freiwillige u.a.. Die Konvention stellt ebenfalls klar, dass Gewalt und Belästigung, von denen auch Dritte betroffen sind, wie Kunden, Patienten oder öffentliche Personen, ebenfalls verfolgt werden müssen.

Die Vorsitzende des Internationalen Gewerkschaftsbundes (ITUC), Sheran Burow, kommentiert zu Recht: „Die Jahrhundert-Konferenz hat die Welt daran erinnert, wie wichtig die ILO ist, die älteste und signifikanteste aller multilateralen Institutionen. Angesichts nie dagewesener Einkommensungleichheit, sich verringernder demokratischer Spielräume und einem Zeitalter der Angst, in dem Konzerne zu viel und Menschen zu wenig Macht haben, ist die ILO ein Bollwerk gegen die Verwandlung der Arbeit in einen Rohstoff, der ohne Rücksicht auf die menschliche Würde gehandelt werden kann.“

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