2. Mai 2014

IWF-Ukraine-Deal: Stabilisierung des Chaos?

Das vom Vorstand des Internationalen Währungsfonds (IWF) jetzt beschlossene Stand-by-Programm für die Ukraine wird als Hoffnungsschimmer in der immer desolateren Situation des Landes angepriesen. Mit 17,01 Mrd. US-Dollar über die nächsten zwei Jahre, wovon 3,19 Mrd. unmittelbar zur Auszahlung kommen, soll die Lage wirtschaftlich stabilisiert werden. Doch die tatsächlichen Effekte könnten genau umgekehrt sein. Dem Anspruch nach zielt das Paket auf die Herstellung makroökonomischer Stabilität, die Verbesserung der Wirtschaftsführung und Transparenz und die Wiederherstellung ökonomischen Wachstums bei gleichzeitiger Schonung der wirtschaftlich schwachen Teile der Bevölkerung.

In Wirklichkeit freilich ist es ein traditionelles Stand-by-Arrangement mit der üblichen Konditionalität – von der wohlklingenden Reformrhetorik des Fonds in der letzten Zeit keine Spur. Eine Bedingung erfüllte die Ukraine auf Drängen des IWF bereits im Februar, nämlich den Übergang zu einem flexiblen Wechselkurs. Das hat zu einem Wertverlust der ukrainischen Hryvnia um 29% geführt, was für die Ukraine vor allem eines heißt: Die Bedienung der Auslandsschulden wird noch schwieriger. Der Deal enthält keinerlei Element der Schuldenerleichterung oder einen „Haircut“ für die Gläubiger, wie er im Falle Griechenland in der Diskussion war. Stattdessen wird die Schuldenlast hauptsächlich von den Bürgern der Ukraine getragen werden müssen, die nach einem UN-Report vom April 2014 schon jetzt zu einem Drittel in Armut lebt.

In den Verhandlungen mit der neuen ukrainischen Regierung wurde das Los der Bevölkerung kaum berücksichtigt, bemängelt Jo Marie Griesgraber von der NGO “New Rules for Global Finance”. Die Zahl der in Armut lebenden Ukrainer wird zunehmen, wenn die Ukraine gemäß den IWF-Auflagen Beschäftigte im öffentlichen Dienst entlässt und die Energiepreis-Subventionen auslaufen. Nach Angaben der Washington Post ist die Entlassung von 80.000 Polizisten und ein Ansteigen der Gaspreise um 63% zu erwarten. Doch robuste soziale Absicherungsmaßnahmen vor Inkrafttreten der Preissteigerungen sind nicht geplant. Hohl sind auch die Forderungen des IWF zur Bekämpfung der Korruption im Land; jedenfalls sind keine konkreten Schritte auf diesem Gebiet im Programm verankert worden, etwa die Rückgabe der aus öffentlichem Vermögen gestohlenen Finanzmittel durch die einheimischen Oligarchen.

Kritiker des Ukraine-Deals in den USA weisen auch darauf hin, dass dieser – wenn er zu keiner Stabilisierung der Lage führt – die Umsetzung der seit 2010 überfälligen IWF-Stimmrechtsreform weiter behindern können. Die konservativ-republikanischen Kräfte im US-Kongress warten nur auf Vorwände, um ihre Lieblingsthese zu begründen, nämlich dass US-Geld für internationale Organisationen verschwendetes Steuergeld ist.

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