4. April 2013

IWF: Die Ayatollahs des Neoliberalismus


Im Leitartikel des neuen Informationsbriefs Weltwirtschaft & Entwicklung (>>> W&E 03-04/2013) beschreibe ich den Reformstau, in dem der Internationale Währungsfonds (IWF) steckt, vor allem in Bezug auf die Konditionalitätspolitik, die sich im Falle der südeuropäischen Krisenländer fast noch brachialer ausnimmt als gegenüber den Entwicklungsländern in der Schuldenkrise. Wer nach Erklärungen sucht, warum der IWF beispielsweise in der jüngsten Zypernkrise trotz aller Reformrhetorik mit vergleichsweise harten Forderungen aufgetreten ist – in einem Artikel der Financial Times von letzter Woche findet er sie: Die Ayatollahs des Neoliberalismus sind zurück!

Wie der Washington-Korrespondent des Finanzblatts schreibt, spielt für die Rückkehr des Fonds zu seiner alten wirtschaftspolitischen Dogmatik eine Reihe von Gründen eine Rolle, von der Erkenntnis und der Frustration darüber, dass die Griechenland-Bailouts bis heute nicht zur Tragfähigkeit der Schulden geführt haben, bis zum Führungswechsel an der Spitze der Organisation. Während Dominique Strauss-Kahn im wesentlich sein eigener ökonomischer Berater war und sich mit einer Handvoll Vertrauten umgab, ist der Führungsstil von Christine Lagarde wesentlich traditioneller bzw. auf die Einbeziehung der alten ideologischen Machtzentren im Fonds ausgerichtet. Dazu gehört beispielsweise das Strategy, Policy and Review Department (SPR).

Wenn es noch die Hohepriester und Ayatollahs des Neoliberalismus im IWF geben sollte, dann in diesem SPR, das seit Lagardes Amtsantritt seine Macht erneut festigen konnte. Die FT nennt hier insbesondere zwei Spitzenbeamte, die für die Formulierung der Europaposition des IWF eine wesentliche Rolle spielen: Reza Moghadam, der bis 2011 das SPR leitete und dann an die Spitze der Europa-Abteilung wechselte, und Siddharth Tiwari, der die Leitung des SPR übernahm und vorher das IWF-Sekretariat leitete. Politisch über ihm sind lediglich Lagarde als Geschäftsführende Direktorin und David Lipton als ihr Stellvertreter angesiedelt. Lagarde geißelt zwar desöfteren die Mängel bei der Umsetzung von Maßnahmen der Reregulierung des Finanzmarkts. Generell und mit Blick auf die Fondskonditionalität hat sie die Reformrhetorik Strauss-Kahns jedoch nicht fortgesetzt. Gelegentlich bekennt sie auch ganz offen: „Es ist unser Job, harte Forderungen zu stellen – und ein objektiver und unabhängiger Schiedsrichter in ökonomischen Fragen zu sein, vor allem in harten Zeiten“, sagte sie auf der letzten Jahrestagung. Ob objektiv und unabhängig, lassen wir mal dahin gestellt. Die Reformhoffnungen auf den IWF erweisen sich jedenfalls immer mehr als Fata Morgana.

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