13. Februar 2013

Die G20 im Wechselkurs-Krieg

Der Begriff “Währungskrieg” ist wahrscheinlich zu unschön, um in ein offizielles Kommuniqué der Gruppe der 20 (wichtigsten Industrie- und Schwellenländer) Eingang zu finden. Doch ist es  genau dies, was einen zentralen Stellenwert auf der Agenda einnehmen wird, wenn am kommenden Freitag und Samstag die Finanzminister und Zentralbankchefs zu ihrem ersten Treffen unter der G20-Präsidentschaft Russlands in Moskau zusammenkommen werden. Die währungspolitischen Leistungen der G20 sind bislang gleich Null, aber die derzeitige Diskussionswelle über den neuen Währungskrieg („currency war“) signalisiert einen wachsenden Handlungsdruck.

Dabei gibt es mehrere Fronten und Ebenen, an und auf denen die Auseinandersetzungen um dieses Thema unter den G20-Mitgliedern geführt werden. Da sind einmal die Klagen diverser Industrieländer, vor allem der USA und der EU, seit Japan ebenfalls zu einer Politik des lockeren Geldes übergegangen ist, was zu einer beträchtlichen (und gewollten) Abwertung des Yen geführt hat. Die G7 haben gestern in einer eilig gezimmerten Erklärung versucht, den Eindruck zu erwecken, dass ein Währungskrieg mit dem Versuch, sich bei den Exportpreisen gegenseitig zu unterbieten, unter den Industrieländern gar nicht stattfinde. Doch letztlich versichert die Erklärung nur, dass man auch künftig die Entwicklung der Wechselkurse dem „Markt“ überlassen wolle und sich auch künftig in Wechselkursfragen („as appropriate“) konsultieren wolle. Erreicht wurde damit freilich das Gegenteil: eine neue Welle der Volatilität hat den Yen erfasst.

Ohnehin ist fraglich, ob die Japaner währungspolitisch jetzt die Hände in den Schoß legen werden. Immerhin kämpft das Land erstmals ernsthaft darum, aus der jahrelangen deflationären Flaute herauszukommen. Fast nicht nachvollziehbar ist, warum die Franzosen der G7-Erklärung zugestimmt haben, hatte deren Präsident François Hollande doch erst letzte Woche dazu aufgerufen, neu über eine Reform des internationalen Währungssystems nachzudenken (>>> Die Eurokrise ist vorbei? Von wegen!).

Höchst fraglich ist auch, ob das Sondervotum der G7 als Vorlage für das Finanzministertreffen der G20 taugt. Gerade die Schwellenländer sehen sich als Opfer des von den Industrieländern entfachten Währungskrieges. Dabei beklagt inzwischen nicht nur Brasilien, dessen Finanzminister Mantega den Begriff „Währungskrieg“ im vorletzten Jahr erfunden hat, die Überschwemmung mit billigem Geld infolge des sog. „Quantitative Easing“ und seiner europäischen Variante in Form des EZB-Anleihe-Aufkaufprogramms OMT („Outright Monetary Transactions“), da dies diese Länder unter Aufwertungsdruck setzt. Ganz Lateinamerika „is going Brazilian“, wie die Financial Times heute berichtet.

Die währungspolitischen Interessengegensätze lassen sich ohnehin durch spitzfindige Kommuniqués nicht wegdiskutieren. „Währungskriege“, so schrieb das Wall Street Journal kürzlich, „bilden eine feste Größe im modernen Finanzwesen, seitdem Anfang der 1970er Jahre das Bretton-Woods-System fester Wechselkurse zusammengebrochen war.“ Hinzuzufügen wäre, dass nur eine Reform dieses „Non-Systems“ hier Abhilfe schaffen könnte. Dazu aber müsste die Agenda der G20 um mindestens zwei Punkte erweitert werden, die bis heute nicht ernsthaft angegangen wurden: erstens die koordinierte globale Regulierung der Finanzflüsse und zweitens die Schaffung eines neuen internationalen Währungssystems auf der Basis einer wirklichen globalen Reservewährung, z.B. auf der Grundlage wesentlich aufgestockter Sonderziehungsrechte des IWF. Aber dies bleibt angesichts der verengten Interessenlagen innerhalb der G20 vorerst Zukunftsmusik.

* Die G7-Erklärung hat folgenden Wortlaut:
 
"We, the G7 Ministers and Governors, reaffirm our longstanding commitment to market determined exchange rates and to consult closely in regard to actions in foreign exchange markets. We reaffirm that our fiscal and monetary policies have been and will remain oriented towards meeting our respective domestic objectives using domestic instruments, and that we will not target exchange rates. We are agreed that excessive volatility and disorderly movements in exchange rates can have adverse implications for economic and financial stability. We will continue to consult closely on exchange markets and cooperate as appropriate."

2 Kommentare:

Dirk Weller hat gesagt…

Sehr geehrter Herr Falk,

mich erstaunt, wie selten gefragt wird, wie die "verengten Interessenlagen" beispielsweise der G20 eigentlich genau zustande kommen und welche Kraft sie je überwinden könnte.
Die Hypothese von Simpol lautet: Die Nationalstaaten befinden sich in einem sogenannten Gefangenendilemma, dem 'destruktiven internationalen Wettbewerb', der sie paradoxerweise daran hindert, gemeinsam die gemeinsamen Interessen zu verfolgen.
Die zweite Hypothese lautet: nur die BürgerInnen können in einer trans-nationalen Initiative aus diesem Dilemma herausführen.
Gerne würden wir uns mit Ihnen über Perspektiven einer bürgerInnen-getriebenen Weltinnenpolitik austauschen!
Mit besten Grüßen,
Dirk Weller
für
http://de.simpol.org

Dirk Weller hat gesagt…

Sehr geehrter Herr Falk,

vielen Dank für die klare Darstellung!
Mich erstaunt, wie selten die Frage gestellt wird, wie die "verengten Interessenlagen innerhalb der G20" eigentlich genau zustande kommen und was passieren müsste, um sie zu überwinden.
Die Simpol-Initiative vertritt die Hypothese, dass es sich um ein klassisches Gefangenendilemma handelt, das am besten von den BürgerInnen selbst trans-national ausgehebelt werden kann.
Gerne würden wir uns mit Ihnen über die Perspektiven einer 'Weltinnenpolitik von unten' austauschen!
Mit freundlichen Grüßen,
Dirk Weller