20. Februar 2013

Abgekasperte G8-Kampagne

Auch wenn die G8 infolge des Aufstiegs der G20 viel an Bedeutung verloren hat, bleibt sie ein bedeutendes Forum der Koordination der Industrieländer untereinander. Nicht nur die diesjährige G8-Präsidentschaft Großbritanniens, auch die britischen NGOs wollen sie nutzen, um entwicklungspolitische Akzente zu setzen. Rund 100 NGOs haben deshalb Anfang des Jahres die Kampagne „Enough Food for Everyone“, die sog. IF Campaign, lanciert. Die Regierung ihrerseits ist u.a. daran interessiert, London als großzügigen Entwicklungshilfe-Geber, der kurz vor der Erreichung des 0,7%-Ziels steht, und Premierminister Cameron selbst als entschiedenen Kämpfer gegen den Welthunger darzustellen. Ein Sonderevent im Rahmen der G8-Präsidentschaft ist zum Thema „Food and Nutrition“ geplant, in Anknüpfung an den zur Olympiade im letzten Jahr inszenierten „Hungergipfel“ und die ebenfalls im letzten Jahr gegründete G8-Initiative „New Alliance for Food Security and Nutrition in Africa“.

Das bietet für die Zivilgesellschaft sicher zahlreiche Anknüpfungspunkte zur kritischen Intervention. Doch was als kritische Kampagne daherkommt, kann seine Regierungsnähe nicht verbergen. Da wird beispielsweise die „Leadership“ Camerons gerühmt. Höchst problematisch ist darüber hinaus, dass die nach außen hin u.a. auf das britische Entwicklungsministerium (DFID) zielende Kampagne nahezu komplett von diesem finanziert wird. Auch inhaltlich wurden wesentliche Kampagnen-Elemente bereits ein Jahr zuvor mit dem Ministerium abgekaspert, wie jetzt die Website brightgreenscotland.org enthüllt hat. Als Beleg wird ein Schreiben von DFID an John Hillary von War on Want angeführt.

Während die IF Campaign im Wesentlichen von großen NGOs wie Oxfam GB, Christian Aid, CAFOD, ActionAid und Save the Children (die sich zur BOAG – British Overseas Aid Group – zusammengeschlossen haben) gesteuert wird, zogen es andere NGOs, z.B. War on Want und das World Development Movement, und die Gewerkschaften vor, der Kampagne wegen ihrer mangelnden Distanz zur Regierung fernzubleiben.

Deutlich kritischer als das Gros der britischen Kollegen sehen offensichtlich die deutschen NGOs die G8-Politik. Vornehmlich als Wegbereitung für private Direktinvestitionen im afrikanischen Agrarsektor wird von ihnen die „New Alliance for Food Security and Nutrition in Africa“ eingeschätzt, die im letzten Mai unter der US-amerikanischen G8-Präsidentschaft ins Leben gerufen wurde. Dies ist einem Positionspapier („Strukturanpassung 2.0“) zu entnehmen, das u.a. von Brot für die Welt, Misereor, Germanwatch und Oxfam Deutschland erarbeitet wurde. In der Neuen Allianz arbeiten die G8-Staaten mit sechs afrikanischen Staaten (Äthiopien, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Ghana, Mosambik, Tansania), multilateralen Organisation (u.a. Weltbank, Welternährungsprogramm) und einigen der größten Unternehmen des Agrar- und Ernährungsbereichs (u.a. Cargill, Syngenta, Monsanto, Yara) zusammen. Ihr Ziel ist es, in diesen afrikanischen Ländern sichere Rahmenbedingungen für private Investitionen im Agrarsektor zu schaffen. Man erhofft sich, damit in den nächsten zehn Jahren 50 Millionen Menschen aus der Armut zu befreien. Die Bundesregierung unterstützt die Neue Allianz für Ernährungssicherheit aktiv und stellt Mittel unter dem Schirm der G8 New Alliance bereit. Die NGOs warnen jedoch, diese Initiative nütze zwar der Agrar- und Ernährungsindustrie, den Kleinbauern aber könnte sie schaden.

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