3. November 2011

G20-Gipfel: Angesteckt und handlungsunfaehig

„L’Histoire s’écrit à Cannes“ steht immer noch auf den Bannern, die die Gastgeber an jedem zweiten Laternenpfahl haben aufhängen lassen. Doch Geschichte wird in Cannes nicht geschrieben werden – jedenfalls nicht so, wie sich das die französische Präsidentschaft einmal vorgestellt hat: Cannes sollte zu einem zweiten Bretton Woods mutieren, mit der Proklamation einer neuen internationalen Währungsordnung und einer gestärkten ökonomischen Governance über die globalen Finanzmärkte. Das kam jetzt alles anders, weil ein kleines Land gegen das Austeritätsregime der EU, des IWF und der Deutschen Bundesbank, sorry: der EZB, revoltiert und sein verzweifelter sozialdemokratischer Premierminister mit einem Volksentscheid die Flucht nach vorne antreten will.

Statt die mit der globalen Finanzkrise einhergehende Ansteckungsgefahr zu bannen, sind die G20 also selbst angesteckt worden. Keine großen Visionen, sondern kurzfristiges Krisenmanagement ist jetzt das Gebot der Stunde. Dabei ist die Annahme ziemlich unrealistisch, dass die G20 den Brandherd, den die EU nicht unter Kontrolle bringt, wird löschen können. In der Gründungsphase der G20 wurde gesagt, ein wesentlicher Existenzgrund sei der Umstand, dass nach der Asienkrise und der globalen Finanzkrise auch die großen Akteure der aufstrebenden Welt mit ins Boot geholt werden mussten. Das ist geschehen. Gegenüber Griechenland ist dergleichen nicht im Gespräch. Die großen Schwellenländer sind inzwischen zwar die Stabilitätsanker der Weltwirtschaft. Griechenland gegenüber sind sie aber ziemlich ratlos und die G20 als Gruppe auch handlungsunfähig, weil sie nur für sich selbst Willensbekundungen abgeben kann.

Hinter dieser Ungleichbehandlung von Kleinen und Großen verbirgt sich das bis heute ungelöste Legitimationsproblem der G20: Sie sind ein exklusiver Klub, der nur die wirtschaftliche stärksten Player einschließt. Die Hotspots der europäischen Schuldenkrise, von Irland über Portugal bis Griechenland, gehören nicht dazu. Sie müssen sich von anderen EU-Mitgliedern und der Europäischen Kommission mit vertreten lassen. Und wenn sie das nicht wollen oder können – dann müssen sie eben raus, wie wir seit der Pressekonferenz von Merkel und Sarkozy heute Nacht wissen.

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