Spekulation mit Nahrungsmitteln: Transparenz ja, doch wie viel Regulierung?
Die acht zum öffentlichen Bundestagshearing Anfang dieser Woche eingeladenen Sachverständigen (>>> Vom Agrargipfel in Paris zur Anhörung in Berlin) plädierten angesichts starker Preisschwankungen bei Agrarrohstoffen für die Schaffung von mehr Transparenz auf den Warenterminmärkten. In Bezug auf Form und Intensität möglicher Maßnahmen gab es jedoch scharfe Meinungsunterschiede. Helmut Born vom Deutschen Bauernverband plädierte für eine „Versachlichung“ der Debatte. „Für die Landwirte ist es erfreulich, dass hohe Preise aufgrund hoher Nachfrage entstehen“, sagte er. Born sehe keine Hinweise, die auf „exzessive Spekulation“ deuten. Doch seien seiner Ansicht nach Preissicherungsinstrumente notwendig, um sich gegen radikale Preisausschläge zu schützen. Wichtig sei daher, dass die nach der Liberalisierung vergleichsweise jungen europäischen Terminmärkte für Agrarrohstoffe die Realität abbilden. Eine Voraussetzung dafür sei, dass der sogenannte OTC-Markt – Geschäfte, die außerhalb der Warenterminbörse stattfinden – ebenfalls öffentlich wird. Notwendig sei ein weltweites Rohstoffinformationsnetz, das durch verlässliche Zahlen über Erntemengen, Verkaufsmengen und Lagerbestände spekulative Auswüchse verhindert.
Während Volker Petersen vom Deutschen Raiffeisenverband zu: „Mehr Informationen bedeuten mehr Übersicht, vernünftige Planung dem weitgehend zustimmte, sprach sich Rafael Schneider von der Deutschen Welthungerhilfe deutlich gegen Spekulation aus. Um das Recht auf den Zugang zu Nahrungsmitteln zu schützen, forderte Schneider, durch eine Börsenumsatzsteuer die Spekulation auf ausgewählte Produkte unattraktiv zu machen. Heiner Flassbeck, Direktor der Abteilung für Globalisierung und Entwicklungsstrategien bei der UNCTAD, sah eine wesentliche Ursache der hohen Agarpreise in einem Herdenverhalten und nicht marktadäquaten Informationen, wodurch die Märkte in die falsche Richtung gelenkt werden. Die Preise basierten auf den Märkten nicht auf Angebot und Nachfrage, sondern würden durch den Derivatehandel verzerrt. Dort würden nicht Rohstoffe gehandelt, sondern Papiere, die nur auf Rohstoffe basierten. ”Diese Märkte führen ein Eigenleben und schaden der Preisfindung in der Landwirtschaft.“
Markus Henn von WEED teilte die Kritik an der Finanzspekulation. Er widersprach der Behauptung, dass die Preissteigerungen zum Beispiel durch den hohen Bedarf in China zu begründen wären. ”Das Land wächst seit 30 Jahren“, sagte er. Doch noch bis Ende der 90er Jahre waren die Preise für Rohstoffe im Fallen. Das sei ein Widerspruch. Henn empfahl den anwesenden Fachpolitikern, sich in den USA Maßnahmen der Regulation abzuschauen. Dort ist gesetzlich definiert, was exzessive Spekulation ist, so Henn, und forderte sog. Indexfonds für den Agrarrohstoffhandel zu verbieten. Diese Fonds würden nicht anhand objektiver Daten handeln und die reelle Preisbildung stören. Einen negativen Einfluss auf die Agrarmärkte schrieb auch Dirk Müller von der Ethos GmbH den Indexfonds zu. ”Mit ihrem Aufkommen im Jahr 2000 stiegen auch die Preise für Rohstoffprodukte", sagte er.