7. Juni 2011

Warum ich unter diesen Bedingungen für Madame Lagarde bin

In diesem Blog erfahren PolitikerInnen aus dem konservativen Lager normalerweise keine Unterstützung. Diesmal schon. So wünschenswert es wäre, den nächsten Geschäftsführenden Direktor des IWF in einem „offenen, transparenten und qualifikationsbasierten“ Auswahlverfahren – die Formel dafür, dass diesmal ein Kandidat der Schwellenländer zum Zuge kommen und das alte Gentlemen’s Agreement, wonach Europa diesen Posten besetzt, der Vergangenheit angehören sollte – zu bestimmen, so wenig realistisch ist dies, wenn die Länder der Südens nicht in der Lage sind, einen gemeinsamen Kandidaten zu präsentieren.

Der einzige Kandidat aus einem Schwellenland, der Mexikaner Agustin Carstens, hat aus gutem Grund keine große Rückendeckung, weder in Lateinamerika, noch in anderen Regionen der Welt. Er ist „voll auf Linie“ mit dem Washington Consensus, wie die Financial Times (FT) schrieb, ein Schüler der Chicago Boys und ein neoliberaler Zentralbank-Präsident, der seine Geschäfte so führt, wie er es als Stellvertretender Geschäftsführer des „alten IWF“ gelernt hat. Zwar gibt er in einem brandneuen Interview mit der FT heute zu bedenken, dass er in Chicago keine „Religion“, sondern nur „Tools“, also Werkzeuge, gelernt habe. Aber was heißt das schon, wenn er im selben Atemzug eine noch härtere Gangart mit den gebeutelten Krisenländern an der Peripherie der Eurozone fordert?

Unter derlei Umständen bleibt für jemanden, der eine Fortführung der – zugegeben begrenzten – Reformansätze unter Strauss-Kahn (>>> Die IWF-Bilanz von Dominique Strauss-Kahn) will, nur eine Unterstützung von Christine Lagarde als Kandidaten für die IWF-Spitze (wie übrigens auch Joseph Stiglitz kürzlich meinte). Es sei denn, Lagarde macht in den kommenden Auswahl-Hearings noch eine Kehrtwende und rückt gänzlich ab von der französischen G20-Agenda, die in ihren zentralen Punkten die erforderlichen Reformen der Weltfinanzmärkte vorantreibt.

Natürlich könnte mensch es auch so machen wie die Präsidentin von Attac Frankreich, Aurélie Trouvé, und sich selbst zum Geschäftsführenden IWF-Direktor vorschlagen. Aber das gehört in einem Gremium, in dem immer noch bzw. bis zu einer wirklichen Reform das Prinzip „One Dollar – One Vote“ gilt, wohl eher in den Bereich der Symbolpolitik. Wer wirklich etwas verändern will, hat hingegen unter den gegenwärtigen Bedingungen keine andere Wahl als Lagarde. Doch es gäbe Schlimmeres.

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