18. Juni 2009

A/L/CH: NGOs gemeinsam gegen das Trio Infernale

Erstmals haben NGO-Dachverbände aus Österreich, Luxemburg und der Schweiz in dieser Woche gemeinsam ihre Regierungen zum Umdenken in Steuerfragen aufgerufen. In einem gemeinsamen entwicklungspolitischen Forderungskatalog betonten sie, es komme nicht nur darauf an, mehr zu geben, sondern auch „weniger zu nehmen“. Die Verbände – die Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe – Globale Verantwortung (Österreich), die Alliance Sud (Schweiz) und der Cercle de Coopération“ (Luxemburg) – betonten, die Finanzplätze ihrer Länder sollten aufhören, reichen Personen aus Entwicklungsländern und internationalen Konzernen Anreize zu bieten, Geld unversteuert ins Ausland zu schaffen.

Die NGOs lancierten ihren Aufruf im Vorfeld des informellen OECD-Ministertreffen zu Steuerfragen am 23. Juni in Berlin. In der gemeinsamen Plattform machen sie sich für mehrere Anliegen stark. Geht es nach den NGOs, sollten die Länder des „europäischen Trio Infernale“ nicht defensiv ihre überkommenen Privilegien verteidigen, sondern in die Offensive gehen: Gebraucht werden demnach „neue globale Steuerabkommen. Ziel dieser Abkommen muss die weltweite Zinsbesteuerung von Vermögenserträgen und die gegenseitige staatliche Unterstützung durch automatischen Informationsaustausch sein.“ Bei solchen Abkommen sei die Einbeziehung der Entwicklungsländer zentral, da diesen jährlich schätzungsweise 800-1.060 Mrd. US-Dollar durch illegitime Finanzströme entgehen. Zudem solle die Zinsbesteuerung auch auf andere Formen von Kapitalerträgen und juristische Konstruktionen ausgedehnt werden.

Als Mindestmaßnahme solle zudem der OECD-Standard für die internationale Amtshilfe „sofort und vollständig“ auch auf die Entwicklungsländer angewandt werden. Dabei sei eine Art Meistbegünstigungsklausel anzuwenden: Konzessionen, die gegenüber mächtigen Partnern wie den USA oder der EU gemacht würden, müssten auch allen anderen Ländern zugute
kommen.

Die drei Dachverbände weisen schließlich darauf hin, dass es beim Streit um die Steueroasen nicht nur um unversteuerte Privatvermögen geht. Ein sehr wesentliches Problem seien die Praktiken der Konzerne, die einen Großteil ihrer Gewinne in Steueroasen auswiesen, um Steuern zu sparen. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, sollten die Konzerne ihre Bilanzen nach Ländern aufschlüsseln müssen („country-by-country reporting“).

Dass sich ausgerechnet die drei entwicklungspolitischen Dachverbände aus jenen europäischen Ländern, die auf offizieller Ebene zur Verteidigung ihrer jeweiligen Partikularitäten bestens zusammenarbeiten, zu dieser gemeinsamen Initiative zusammengefunden haben, ist ein starkes Signal. Es zeigt, dass in der Zivilgesellschaft des „Trio Infernale“ so manches anders gesehen wird, als an der politischen Spitze. Desweiteren zeigt sich (wieder einmal), dass international vernetzte Nichtregierungsorganisationen eher in der Lage sind zu erkennen, wenn sich der internationale Wind dreht. Angesichts des zunehmenden Drucks auf die eigenen Finanzplätze ist in der Tat nicht Rückzug ins Schneckenhaus angesagt, sondern Eigeninitiative für eine neue internationale Steuerpolitik.

Hinweis: Die Graphik zeigt die Höhe des Anlagevermögend in den betreffenden Finanzzentren im Jahre 2004; Vergrößerung durch Anklicken!

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