Lagarde: Noch eine Personifizierung des Resilient Dynamism
Zunächst
noch ein Nachtrag zu unserem Post von gestern: Neben dem Shell-Konzern ist
heute auch Goldman Sachs mit dem Schmähpreis Public Eye Award ausgezeichnet worden. Ob Hypotheken-, Banken- oder
Europleite, fast an jeder größeren Krise verdiene Goldman Sachs kräftig mit.
Dabei schrecke die US-Bank auch nicht vor Geschäften zurück, die ganze Staaten
in den Ruin stürzen, erklärte die Jury am Donnerstag. So habe Goldman Sachs
zwischen 1998 und 2009 mit Buchungstricks die Hälfte von Griechenlands
Staatsschulden gegen horrende Honorare versteckt. Die Finanzkonstrukte hätten
Griechenland schließlich in den Ruin und die EU in eine Finanzkrise getrieben.
An der Krise habe Goldman bereits mindestens 600 Mio. Dollar verdient, und
Griechenland schulde der Bank weiterhin 400 Mio. Dollar jährlich bis 2037. Das
seien insgesamt mehr als zehn Milliarden Dollar auf Kosten der europäischen Steuerzahler.
Goldman Sachs sei die Geldmaschinerie schlechthin mit einem undurchsichtigen,
weltweit einzigartigen Netz an Verbündeten in höchsten Positionen wie dem Chef
der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi.
Noch
ein Vertreter der „resistenten Dynamik“ gefällig, diesmal vielleicht eine
Vertreterin? Voilà: In den Augen von WEF-Begründer Klaus Schwab verkörpert die
Geschäftsführende Direktorin des IWF, Christine Lagarde, die Eigenschaften „resistent“
und „dynamisch“ auf geradezu ideale Weise. Weshalb sie auch für gestern Abend
zu einer Sonderbotschaft an die WEF-Teilnehmer geladen war.
Sicher
– Lagarde redet nicht wie ihre Kollegen aus der Privatwirtschaft dem „regulatorischen
Rückzug“ das Wort, sondern insistiert darauf, dass der „Job“ der Reform der
Finanzmärkte zu Ende gebracht werden muss und dass das eine Priorität für den
IWF sein müsse. Den überwiegend männlichen Davos People redet sie auch schon
mal ins Gewissen, dass Wachstum inklusiv sein und mit neuen Arbeitsplätzen
einhergehen müsse, dass es an „gender inclusion“ allenthalben noch mangele und
dass der in Davos kaum diskutierte Klimawandel in ihrer Sicht „die bei weitem
größte ökonomische Herausforderung des 21. Jahrhunderts“ sei. Doch dem
Anspruch, eine „New Global Economy for a New Generation“ zu entwerfen, wird
ihre Rede mit den drei Punkten
(größere Offenheit, mehr Inklusion und mehr Verantwortung bzw.
Rechenschaftspflicht) bei weitem nicht gerecht.
Den
Versuch, mit schönen Worten handfeste Interessen zu verbrämen, machte der
britische Premierminister David Cameron
demgegenüber heute Morgen erst gar nicht. Die Agenda der britischen G8-Präsidentschaft in diesem Jahr („trade,
tax, transparency“) verkaufte er in Davos als eine „absolute Pro-Business-Agenda“
und sich selbst gleich mit als den „wirtschaftsfreundlichsten Führer“ der Welt.
Nicht alle Punkte des Briten kann man von vorneherein als falsch zurückweisen. Aber
wenn man genauer hinhört, wird man aus dem Thema Handel die alte
Freihandelsagenda heraushören, aus dem Thema Steuervermeidung ein Plädoyer für
die neoliberale Flat-Tax-Politik (für die von den Unternehmen im Gegenzug die
Entrichtung der niedrigen Steuern verlangt werden könne) und hinter dem
Stichwort Transparency den Versuch
erkennen, den Ländern des Südens die Prinzipien der Westminster-Demokratie
aufzudrängen.
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