Agrarinvestitionen: Handauflegen reicht nicht
Einen
verbindlichen Rechtsrahmen für internationale Investitionen in Agrarland hat
der Präsident des Umweltbundesamts Jochen Flasbarth letzte Woche auf einer internationalen
Konferenz der Heinrich-Böll-Stiftung, von Oxfam Deutschland, glopolis (Tschechien)
und Misereor in Berlin gefordert. Der im letzten Jahr beschlossene Kodex von
FAO und Weltbank zum Landgrabbing sei gut und schön. Doch freiwillige
Leitlinien und „Handauflegen“ reichen nicht, um nachhaltige Investitionen in
die Landwirtschaft zu gewährleisten.
Die
Konferenz mit dem Titel „Agriculture in Transition. Strategien für ökologische
und faire Investitionen in der Landwirtschaft“ fand vor dem Hintergrund der
Trendwende statt, im Zuge derer nach Jahrzehnten der Vernachlässigung wieder
verstärkt internationales Geld in den Agrarsektor des Südens fließt (>>> W&E-Hintergrund: Wettlaufum Land). Die Frage ist jedoch: Um welche Art von Investitionen geht es
hier und in wessen Interesse finden sie statt. Die Berliner Konferenz
bestätigte, dass der entscheidende Interessengegensatz, wenn es um
internationale Agrarinvestitionen geht, zwischen dem Agrobusiness und
Kleinbauern bzw. landlosen Landarbeitern verläuft. Angesichts der Neube- und
Wiederaufwertung des Agrarsektors in der internationalen entwicklungspolitischen
Debatte stelle sich die Frage, ob es sich lediglich darum handelt, dass dem
Agrarsektor ein neuer Wert beigemessen werde, oder aber darum, immer mehr
ländliche, bislang kapitalistisch unerschlossene Räume „in Wert“ zu setzen.
Wie
phantasievoll immer wieder neue Verwertungswege erschlossen werden, wurde an
zahlreichen Beispielen deutlich – etwa daran, welche Blüten inzwischen der
Zertifikate-Handel treibt. Kompensations- und Freikaufinstrument erstrecken
sich längst nicht mehr auf den Handel mit CO2-Zertifikaten wie in der EU, sondern
beispielsweise auch generell auf den Handel mit sog. Ökosystemfunktionen, etwa
in Form von Waldschutzzertifikaten in Brasilien und anderswo.
Doch
ist die Entwicklung nicht nur durch die diversen Negativtrends gekennzeichnet.
Eine Gegentendenz repräsentiert der bei der FAO angesiedelte Ausschuss für
Welternährungssicherheit (CFS) mit seiner vorbildlichen Offenheit gegenüber
zivilgesellschaftlichen Organisationen (>>> www.cms4cfs.org). Oder auch die große
Aufmerksamkeit, die der kurz vor der Berliner Tagung veröffentlichte Fleischatlas erzielte, von der großen
Demonstration gegen die großindustrielle Agrarproduktion unter dem Motto „Wir
haben es satt“ gar nicht zu reden.
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Beiträge und Dokumente von der Konferenz finden sich >>> hier.
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