8. September 2010

Ecofin: Was tut sich wirklich in Brüssel?

Es tut sich was auf der Globalisierungsbaustelle Europa. So jedenfalls hat es den Anschein. Mit der gestrigen Entscheidung des Ecofin über einen Europäischen Rat für Systemsicherheit sowie über drei neue europaweite Aufsichtsgremien – eine Europäische Bankenbehörde (Sitz: London), eine Europäische Wertpapierbehörde (Sitz: Paris) und eine Europäische Behörde für Versicherungen und Pensionskassen (Sitz: Frankfurt) – bekommen die Finanzmärkte in Europa endlich eine gemeinsame Aufsichtsarchitektur, jedenfalls ansatzweise. Doch zwei Aspekte trüben vorerst den Fortschritt: Sekretariat und Vorsitz des Risikorats werden von der Europäischen Zentralbank gestellt und damit aus Personal rekrutiert, das schon die letzte Krise verschlafen hat. Und: Die Aufsichtsgremien können nicht von sich aus tätig werden, sondern es bedarf eines EU-Ratsbeschlusses, der den Krisen- und Notfall ausdrücklich feststellen muss.

Während die EU-Finanzminister hier wenigsten etwas Konkretes beschlossen haben, gab der Ecofin auf dem die NGOs besonders interessierenden Feld der Besteuerung der Finanzmärkte ein trauriges Bild ab. Hier reproduzierte sich im Grunde genommen das disparate Muster, das eine Finanztransaktionssteuer (FTS) schon auf dem Toronto-Gipfel der G20 verhindert hat. Kräftig geschürt wurden die Differenzen unter den Finanzministern in diesem Punkt durch ein sog. Non-Paper der Kommission, dass die gewohnten Einwände gegen eine FTS wiederholte. Diese Einwände können auf der sachlichen Ebene noch so gut und überzeugend widerlegt werden (siehe etwa das neue Argumentationspapier von weed) – gegen die Interessen der Finanzmarkt-Akteure scheint kein argumentatives Kraut gewachsen, wenn es um Geld geht.

Als Hauptgegner einer FTS im EU-Raum erwiesen sich gestern erwartungsgemäß Großbritannien und Schweden. Dies wäre nicht so schlimm, denn beide Länder sind nicht Mitglied der Eurozone. Schwerwiegender ist da schon, dass sich jetzt auch der Luxemburger Finanzminister Luc Frieden unter die Bedenkenträger eingereiht hat. Es könne sein, so Frieden, der allgemein als Nachfolger von Jean-Claude Juncker gehandelt wird, dass sich die „Kumulierung verschiedener Steuern und Abgaben sowie höherer Eigenmittelvorschriften für die Banken“ negativ auf den Finanzsektor auswirke. Friedens Auftritt steht im Gegensatz zu dem offenen Herangehen an die FTS, das in letzter Zeit Regierungschef Juncker, der zugleich Vorsitzender der Eurogruppe ist, gezeigt hat. Für ihn und die Eurogruppe ist die Stunde der Entscheidung jetzt da. Schließlich hatte Bundesfinanzminister Schäuble schon am 21. Mai im Bundestag angekündigt, sich für eine FTS im Euroraum einzusetzen, sollte es weder beim G20-Gipfel in Toronto noch mit allen EU-Ländern einen Konsens geben.

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