13. Oktober 2008

Nach der Panik: Eine weltwirtschaftliche Rolle für die UN?

Wenn sich die Panik an den Börsen und im Finanzsektor insgesamt gelegt haben wird (und so wie es derzeit aussieht, könnten die am Sonntag von den Staatschefs der Eurozone beschlossenen und heute umgesetzten Rettungspläne in dieser Richtung Wirkung entfalten), kommt die entscheidende Phase der aktuellen globalen Finanzkrise – die Phase, in der die Reregulierung der außer Kontrolle geratenen Märkte angegangen werden muss, wenn eine Wiederholung der Malaise in ein paar Jahren vermieden werden soll. Es wird dann um nicht weniger als ein „Neues Bretton Woods“, einen neuen institutionellen Ordnungsrahmen für die Weltwirtschaft, gehen müssen.


Die klügsten Kommentatoren in der etablierten Wirtschaftspublizistik sehen inzwischen sehr genau, wie sehr die globale Finanzkrise von heute eine Art Fernwirkung der rücksichtslosen Deregulierung der Finanzmärkte seit der Reagan- und Thatcher-Ära darstellt und dass die große Herausforderung darin besteht, „welchen Weg nach vorne unsere integrierte Weltwirtschaft danach nehmen wird“, so der Chefökonom der Financial Times, Martin Wolf. Ähnlich schrieben Colin Bradford und Johannes Linn von Brookings kürzlich, „die gegenwärtige Krise enthüllt, wie die Förderung eines unterregulierten Finanzsystems in Kombination mit einem schwachen makroökonomischen Management nach hinten losgeht“.

Nicht alle im internationalen System haben dem Deregulierungswahn gehuldigt oder sich erst in jüngster Zeit eines Besseren besonnen. In ihren Berichten, etwa den World Economic Situation and Prospects oder dem World Economic and Social Survey des UN Departments of Economic and Social Affairs, aber ganz besonders auch im jährlichen Trade and Development Report der UNCTAD, haben die Vereinten Nationen die ganzen 1990er Jahre hindurch ähnliche Analysen vertreten und vor den Folgen des überschießenden Marktfundamentalismus gewarnt. Meistens wurden diese Analysen von den herrschenden Zitierkartellen als Verstöße gegen die „konventionelle Weisheit“ abgetan. Nur wenige Publikationen, darunter nicht zuletzt der Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung (siehe zuletzt: >>> W&E-Hintergrund Jan 2008 und W&E 09/2008, sowie >>> Ein New Deal gegen die globale Unsicherheit), haben die Fahne der Vereinten Nationen im Getümmel der weltwirtschaftlichen Debatte hochgehalten.

Jetzt verdienen diese Analysen und die darin enthaltenen Politikvorschläge nicht nur erneute Aufmerksamkeit. Viel wichtiger wäre es, die politische Führungsrolle der Vereinten Nationen bei der Gestaltung eines neuen Rahmenwerks wiederherzustellen – eines institutionellen Rahmens, der konsistent ist mit den Zielen von nachhaltiger Entwicklung und sozialer Gerechtigkeit. In diese Richtung gingen die Redebeiträge der Staats- und Regierungschefs zur Eröffnung der UN-Generalversammlung vor zwei Wochen. Von der Betrauung der Weltbank und des IWF mit einem „modernisierten Multilateralismus“ (Robert Zoellick) wollte da niemand etwas wissen. Und so könnte schon die UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung Ende November in Doha der Auftakt zu einer neuen Rolle der UNO auch in weltökonomischen Fragen werden, wenn – ja wenn – der politische Wille der Beteiligten es zulässt.

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