7. Oktober 2008

Hilfloser, kastrierter Internationaler Währungsfonds

In dieser Woche beginnen sie wieder, die Jahrestreffen von IWF und Weltbank. Und insbesondere für den IWF wäre dies eine vortreffliche Gelegenheit, seine Unverzichtbarkeit in der aktuellen globalen Finanzkrise unter Beweis zu stellen. Doch diese Krise hat längst Dimensionen erreicht, die die ganze Hilflosigkeit des IWF bloßlegen. Der Fonds – zumal unter seinem neuen Direktor Dominique Strauss-Kahn – würde liebend gern eine größere Rolle im Krisenmanagement des globalen Finanzsystems spielen; allein es fehlen ihm die Mittel und die Kompetenzen. Dabei ist er noch nicht einmal selbst daran schuld. Es sind die Mitgliedsländer, und zwar vor allem die finanzstärksten, die ihn von Anfang an an die kurze Leine legten.

Bereits der Gründungsakt nach der Konferenz von Bretton Woods 1944 brachte einen kastrierten Fonds zur Welt, dessen finanzielle Interventionsmasse weit unter den Wünschen etwa eines John Maynard Keynes blieb. Als später mit den Sonderziehungsrechten (SZR) ein Kunstgeld nach Art des von Keynes geforderten Bancor geschaffen wurde, war auch dies nur ein verschwindender Bruchteil der weltweit pro Jahr geschaffenen volkswirtschaftlichen Werte. Die derzeitigen finanziellen Gesamtreserven nehmen sich mit rund 360 Mrd. US-Dollar gegenüber einem Rettungspaket von 700 Mrd. US-Dollar allein der USA geradezu bescheiden aus. Die Interventionsmacht des IWF reichte immer nur, um gegenüber den schwächeren Mitgliedsländern den Interessen der Industrieländer Nachdruck zu verleihen, wie zuletzt in der Asienkrise vor gut zehn Jahren. Heute ist auch dies vorbei. Und die derzeitige globale Krise hat bekanntlich ihr Zentrum im Herzen des globalen Kapitalismus, in den USA, Großbritannien und Kontinental-Westeuropa.

Diesen kapitalistischen Zentren würde eine globale Aufsichtsinstanz gut tun, die das durchsetzen könnte, was manche jetzt wieder die zivilisatorische Zügelung des Kapitalismus nennen. Doch genau hier hapert es. Wie das Agieren der wichtigsten Regierungen der OECD-Länder im Krisenmanagement zeigt, sind die wenigen Ansätze zum gemeinsamen Handeln dabei, dem Prinzip des nationalen Alleingangs – einer Art Wettlauf um die Rettung des jeweils nationalen Bankensystems – geopfert zu werden. Keine dieser Regierungen ist derzeit bereit, wirtschafts- und finanzpolitische Souveränität an eine supranationale Institution wie den IWF abzugeben. Selbst im Rahmen der EU wird zwar gemeinsam geredet, aber getrennt gehandelt. – Und doch hat Strauss-Kahn recht, wenn er sagt, eine globale Krise systemischen Charakters brauche globales Handeln im Rahmen globaler Institutionen. Aber um dies zu erreichen, bedarf es wohl zunächst noch schmerzlicherer Krisenerfahrungen und eines weiteren, eines neuen Bretton Woods, das endlich politische Schlussfolgerungen aus unserer modernen Welt global vernetzter Kapital-, Finanz- und Warenmärkte zieht.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo,

ein wie üblich interessanter und lesenswerter Artikel, aber:

"Die derzeitigen finanziellen Gesamtreserven nehmen sich mit rund 360 US-Dollar gegenüber einem Rettungspaket von 700 Mrd. US-Dollar allein der USA geradezu bescheiden aus."

Ich nehme an, da fehlt ein "Mrd."?

mfg
Yoshi

Rainer Falk hat gesagt…

Jan natürlich - die Eile...
RF