Echo und Widerhall: Die Wirklichkeit der Hilfe und Aid Pledge-Aufruf der OECD
Der neue, der 16. Bericht zur Wirklichkeit der Entwicklungshilfe dokumentiert den Rückgang der öffentlichen Entwicklungshilfe der Industriestaaten von 104,4 Mrd. US-Dollar in 2006 (0,3% des Bruttonationaleinkommens/BNE) auf 103,7 Mrd. US-Dollar in 2007 (0,28% des BNE). Damit verletzt die Gebergemeinschaft ihre im Rahmen der EU und auf G8-Gipfeltreffen getroffenen Selbstverpflichtungen. Das Ziel, 0,7% des BNE für Entwicklungshilfe auszugeben, erfüllen nur Norwegen, Schweden, Luxemburg, Dänemark und die Niederlande. Deutschland liegt mit 0,37% nur im Mittelfeld auf Rang 12 von den 22 Geberstaaten. Zwar setzt sich der Aufwärtstrend für Entwicklungshilfe im Bundeshaushalt fort, damit erfüllt die Bundesregierung die Verpflichtungen aber nur zur Hälfte. Um ihre Zusagen vollständig einzuhalten, müsste das Entwicklungshilfebudget um 1,6 Mrd. € pro Jahr steigen.
Die Herausgeber des deutschen Berichts, die Welthungerhilfe und das Kinderhilfswerk terre des hommes, befürchten weitere negative Einschnitte für die Entwicklungsländer insbesondere im Gefolge der aktuellen Finanzmarktkrise. Sie verweisen auf die hohe Verwundbarkeit der Entwicklungsländer und die Notwendigkeit, auch für die Entwicklungshilfe schnell weiteres Geld zu mobilisieren. Eine zentrale Rolle für die Bekämpfung von Hunger und Armut spielen aber auch die öffentlichen Finanzen in den Entwicklungsländern selbst. Nach groben Schätzungen verlieren die Entwicklungsländer pro Jahr mindestens 500 Mrd. US-Dollar durch Unterschlagung und Steuerhinterziehung und damit das Fünffache der weltweiten Entwicklungshilfe. Nötig ist deshalb nach Ansicht der beiden Hilfsorganisationen ein zwischenstaatliches Gremium zur Überwachung der Kapitalströme sowie Unterstützung beim Aufbau eines Steuer- und Einnahmesystems in den Entwicklungsländern.
Der Bericht zur Wirklichkeit der Hilfe wurde einst als Schattenbericht zu den offiziellen Zahlen des Entwicklungshilfe-Ausschusses (DAC) der OECD konzipiert. Inzwischen unterscheiden sich die Ansätze aber kaum noch. Betrachtet man den zeitgleich erschienenen Aufruf der OECD an die Geberregierungen, im Angesicht der Finanzkrise ihre Entwicklungshilfe-Versprechen in einem „Aid Pledge“ zu bekräftigen, so fragt man sich, was der Widerhall von wem ist. Ohne sofortiges Handeln könne nicht verhindert werden, dass sich die Finanzkrise zu einer Krise der Entwicklungshilfe auswächst, schreiben OECD-Generalsekretär Angel Gurría und DAC-Vorsitzender Eckhard Deutscher in einem Brief an die Staats- und Regierungschefs der OECD. Sie warnen davor, die Fehler zu wiederholen, die in der Rezession Anfang der 1990er Jahre gemacht wurden, als die Weichen für einen lang anhaltenden Rückgang der öffentlichen Entwicklungshilfe gestellt wurden.
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