16. Oktober 2008

Über Böcke als Gärtner

Die in die Hose gegangene Ernennung des ehemaligen Bundesbankpräsidenten und heutigen Aufsichtsrats der Hypo Real Estate, Hans Tietmeyer, zum Vorsitzenden einer Kommission für neue Finanzmarktregeln ist kein Ausrutscher. Sie ist Indiz dafür, wie wenig die derzeit handelnden Akteure in Berlin (und andernorts) von den Ursachen der aktuellen Finanzmarktkrise begriffen haben und wie phantasielos und interessengebunden sie an die notwendige „Neue Internationale Finanzarchitektur“ herangehen. Klar ist inzwischen immerhin, dass Rettungspakete, wie das gestern im Bundestag beratene Maßnahmepaket zur Stabilisierung des Finanzmarkts zwar aktuelle Zusammenbrüche verhindern können, jedoch nicht gleichbedeutend mit einer grundsätzlichen Stabilisierung und Neuregulierung der Finanzarchitektur sind. Doch der Irrtum liegt darin zu glauben, man könne letzteres den alten Predigern der Deregulierung – siehe Tietmeyer – anvertrauen. Weitere Beispiele:

Da fordert Bundespräsident Horst Köhler die Manager des Bankensektors auf, sich für ihre Gier zu entschuldigen. Dabei haben diese lediglich die politischen Rahmenbedingungen genutzt, an deren Herstellung Köhler selbst an führenden Stellen beteiligt war – als Sherpa der Regierung Kohl bei G7-Gipfeln, als Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, als Direktor der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und zuletzt als Geschäftsführender Direktor des IWF. Treffend merkte dazu Attac an, statt Ermahnungen anderer würde Köhler Selbstkritik gut zu Gesicht stehen.

Überhaupt der IWF! Köhlers Verdienst wird gelegentlich in dem unter seiner Leitung begonnenen Streamlining der IWF-Konditionalität gesehen. Aber Streamlining bedeutet eben keine inhaltliche Kehrtwende und schon gar nicht Abschaffung. Und wenn der neue IWF-Direktor Strauss-Kahn jetzt wieder Kredite auf der Basis dieser gestreamlinten Konditionalität anpreist, dann zeigt dies nur, wie sehr in dieser Institution trotz aller Reformrhetorik Business as usual herrscht. Es wäre deshalb angebracht, wenn die alten Prediger von Deregulierung, Liberalisierung und Privatisierung, zu denen im übrigen auch Weltbank-Präsident Robert Zoellick (hier mit seinem Mentor Bush) gehört, jetzt erst einmal ins zweite Glied treten würden, statt sich dreist an die Spitze eines „modernisierten Multilateralismus“ (Zoellick) oder eines Bretton Woods II zu stellen. Denn eine Neue Internationale Finanzarchitektur wird mit dem alten Personal kaum zu machen sein.

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