Davos: Und die Party geht weiter
Schon lange gab es auf einem Weltwirtschaftsforum in Davos nicht mehr so viele Themen und Probleme, die auch dem dort versammelten Globalisierungsestablishment Kopfschmerzen bereiten müssten. Und tatsächlich wurde vieles davon auch besprochen: der kommende globale Abschwung und die Rezession in den USA, die jüngste Finanzkrise und die Staatsfonds aus den Schwellenländern („Souvereign Wealth Funds) oder auch die künftige Wasserknappheit auf dem Globus und der heute schon bedenkliche Anstieg der Lebensmittelpreise. Aber die meisten Beobachter vor Ort berichten, dass alles dies der Party-Stimmung in Davos nichts anhaben konnte.
Warum, fragt John Gapper in der Financial Times. Weil in Davos auch die optimistischer dreinblickenden Leute aus Indien, China und den Arabischen Emiraten zugegen sind. Und dann schreibt er etwas, was jedem anderen sofort den Neidvorwurf eintragen würde: „Aber ein wichtigerer Grund besteht darin, dass Davos ein Elite-Event ist, und die Elite spürt persönlich nicht viel von dem Schmerz, egal wie schlecht die Dinge um die Hausbesitzer in Kalifornien oder Florida geworden sind. Einige Vorstandsleute bei den Banken haben ihre Jobs verloren, aber auf der Davos-Einladungsliste wurde sie durch neue Gesichter ersetzt.“
Einen dritten Grund für die anhaltend gute Stimmung auf den Parties im Davoser Belvedere-Hotel können wir beisteuern: Auch auf diesem WEF wurde wieder kein einziger Vorschlag gemacht, der dem globalen Establishment irgendwie gefährlich werden könnte. Wie die Diskussionen um die Finanzmärkte zeigen, gibt es eine weit verbreitete Immunität gegen jegliche ernsthafte Intervention in den Markt. Und selbst Leute wie Gordon Brown verbergen hinter ihrem Engagement für die Millennium-Entwicklungsziele nur, wie viel näher als der Rock ihnen das Hemd (die Londoner City) ist. Zur Herausforderung wird da selbst ein so vergleichsweise bescheidener Vorschlag wie der von Malcolm Knight von der Baseler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (der Zentralbank aller Zentralbanken): Wenn man ein wirklich globales Finanzsystem wolle, sagte er, müsse man erst einmal die Balkanisierung der der nationalen Systeme für die Finanzregulierung überwinden. Das erfordert Koordination und Zusammenarbeit; die aber reibt sich mit den konkurenziellen Eigeninteressen.
Wie wenig die Banken zur Selbstregulierung und –kontrolle fähig sind, zeigt natürlich auch der Fall des kleinen Schurkenhändlers bei der französischen Société Générale. Doch selbst so etwas machen die Banken im Regelfall lieber unter sich aus als mit der Öffentlichkeit.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen