Davos proklamiert neues Kapitalismus-Modell
Bescheidenheit war noch nie die Sache von Klaus Schwab und seinen Leuten. Und so ist es auch dieses Jahr. Während in Deutschland die Debatte um den „Karawanen-Kapitalismus“ (Steinbrück) und die „Subventionsheuschrecke“ (Rüttgers) Nokia die Gemüter erregt, lässt das Weltwirtschaftsforum in Davos den Microsoft-Gründer Bill Gates ein neues Kapitalismus-Modell ausrufen. Es ist der „kreative Kapitalismus“, der künftig Profitstreben mit guten Taten verknüpfen soll. Die Unternehmen müssen Wege finden, damit die Mechanismen des Kapitalismus, die bislang die Wohlhabenden begünstigen, künftig auch den Armen nutzen. Als Triebkraft dieses neuen Kapitalismus will Gates das menschliche Streben nach gesellschaftlicher Anerkennung nutzen: „Auf Märkten, auf denen Profite nicht möglich sind, ist Anerkennung ein Ersatz; wo Profite möglich sind, ist Anerkennung ein zusätzlicher Anreiz“, sagte Gates.
Doch so sicher scheint sich Gates nicht zu sein, dass die Versöhnung von Profitstreben und Philanthropie aus sich selbst heraus funktioniert. So forderte er zugleich vom Staat gesetzte regulative Rahmenbedingungen, die den Konzernen auf die Beine helfen sollen, z.B. besondere Anreize, damit sich die Pharma-Konzerne endlich um wirksame Medikamente gegen bislang vernachlässigte Massenkrankheiten wie Tuberkulose und Malaria kümmern.
In der Praxis lassen sich neben traditionellen Stiftungen, etwa der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung, bislang kaum Geschäftsmodelle finden, die mehr als Nischen und Marktsegmente bedienen und den Idealen des „kreativen Kapitalismus“ wirklich gerecht werden. Vielleicht glänzt deshalb Bonos „Punk-Kapitalismus“ so hell am Firmament von Davos: Mit seinen Label (RED), das der Rockstar von einem Jahr aus der Taufe hob, spielte er bislang immerhin 50 Mio. US-Dollar für den UN-Fonds zum Kampf gegen HIV/AIDS, Tuberkolose und Malaria ein. Im zweiten Jahr sollen es 100 Mio. werden. Das könnte klappen: Neben American Express, Armani, Apple und anderen, die bislang mitmachten, haben sich in Davos jetzt auch Gates‘ Microsoft und der PC-Hersteller Dell angeschlossen; sie wollen künftig zwischen 50 und 80 US-Dollar von jedem Computer-Verkauf für den guten Zweck abzweigen.
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